Blattjagd in Frankreich

Die Pirsch auf einen reifen Bock ist ein Erlebnis, welches Sie auf der Jagdreise nach Frankreich nicht verpassen dürfen.

Auf der Blattjagd in Frankreich zu pirschen, war bisher ein Privileg, das nur wenigen vorbehalten war. Mittlerweile ist diese bezaubernde Jagdart auch für Außenstehende zugänglich, vielen ist diese Art der Bockjagd dennoch unbekannt. Philippe Jaeger stellt sie vor.

Auf zur Bockjagd

Ende Juli ließen wir die grauen Himmel, die immer noch keinen Sommer verheißen wollten, des nordöstlichen Frankreichs hinter uns und nahmen die A20 nach Caussade in Tarn-et-Garonne, auf direktem Wege zur französischen Bockjagd. Das Ende der Reise war nah, also öffneten wir das Autofenster, um den heißen, trockenen Wind ins Wageninnere zu lassen. Zu unserer Überraschung vernahmen wir den Gesang von Zikaden. Es wurde Zeit, dass der Familienurlaub begann.

Das passende Revier zur Blattjagd in Frankreich

Wir kamen nach Caylus, dem historischen Zentrum des Departments, das mit einer befestigten Kirche aus dem 14. Jahrhundert prahlte und sich bis 489 Meter über dem Meeresspiegel erhob. Wir wurden in ähnlich historischen Gebäuden untergebracht: einem Taubenschlag aus dem 18. Jahrhundert, der in ein Cottage umgebaut worden war. Wir richteten uns ein und trafen uns dann mit unserem lokalen Kontakt Francis, dem Vorsitzenden der lokalen Jagdvereinigung (ACCA = association communale de chasse agréée) in Espinas, wo wird auch pirschen wollten. Wie viele Jagdvereine managet auch die Gemeinde Espinas ihr Rehwild mit einem Sommerabschussplan, auf dem sowohl Böcke als auch Schmalrehe stehen.

Nicht die traditionellste Methode

Obwohl die Pirsch auf der Blattjagd in Frankreich nicht zu den traditionellen Jagdmethoden gehört, ist es möglich, eine Erlaubnis dafür zu bekommen und so die Jagdvereine vor Ort finanziell zu unterstützen. Das Dorf Espinas beendet sich auf dem Gipfel eines kleinen Bergs und bietet ein zauberhaftes Panorama – man kann die Schönheit dieser Landschaft kaum begreifen. Es gibt kleine, bewirtschaftete Täler, wilde, klare Bäche, Waldstücke, undurchdringbare Dickungen und hier und da einen alten Bauernhof. Das alles bildet ein gigantisches Plateau, das Causse genannt wird. Eine Landschaft, in der das Rehwild sein Potenzial entfalten kann. Perfekte Bedingungen also für eine traumhafte Blattjagd in Frankreich.

© Philippe Jaeger

Heilige Hilfe auf der Blattjagd in Frankreich

Francis gab uns eine schwer lesbare Karte, auf der die Jagdgebiete und jagdfreien Zonen eingezeichnet waren. Auf zehn Prozent der Fläche einer Gemeinde ruht die Jagd, und es ist illegal, dort eine Waffe zu tragen. Wir machten uns also mit den Gebieten vertraut, in denen wir später einige beeindruckende Böcke in Anblick bekommen sollten. Nach einer kurzen Revierrundfahrt mit Francis waren wir dann auf uns allein gestellt. Heißt es doch
so schön: Wer sich selbst hilft, dem hilft auch der heilige Hubertus. Am Nachmittag bannte uns allerdings erst einmal ein gewaltiges Sommerunwetter an unsere Unterkunft. Doch schon am Abend wieder überquerten wir die Causse von Saint- Amans. Dieser westliche Bereich, der weit entfernt vom Zentrum des Reviers lag, bestand aus einem befriedeten Waldstück umgeben von bejagbaren Luzernefeldern. Schon in den ersten Minuten der Bockjagd sahen wir gut ein Dutzend Stück Rehwild, hauptsächlich Ricken und junge Böcke. Ein Bock allerdings erschien uns reif, den wir als exzellenten Start der Jagdtage im letzten Licht erlegen konnten.

Ein anderer Revierteil

Am nächsten Morgen auf der Blattjagd in Frankreich begaben wir uns in einen anderen Teil des Reviers, die Causse von Mordagne, die einige hundert Hektar umfasste. Nach drei Stunden Pirsch hatten wir allerdings nicht mehr gesehen als eine Sau und einen Jährling, und es wurde Zeit für das Frühstück. Als wir den Wagen starteten, tauchte plötzlich hinter den Stallungen eines verlassenen Bauernhofs ein braver Bock auf. Mehr als einige Schnappschüsse konnten wir jedoch nicht auf ihn loswerden und er verschwand für immer. Zwar taten wir unser Bestes, ihn wiederzufinden, wir versuchten, ihn mit dem Blatter zu locken, doch das Brombeerdickicht, das ihn verschlungen hatte, gab ihn nicht mehr frei.

© Philippe Jaeger
© Philippe Jaeger

Drei Tage, Drei Böcke

Am folgenden Abend konnten wir jedoch einen weiteren starken Bock erlegen, dessen Gehörn wir irrtümlich für ein dickes Bündel Zweige gehalten hatten – unverhofft kommt wohl oft auf. Der dritte und letzte Morgen brachte keinen Erfolg. Die Brunft kam nur langsam in Gang, obwohl wir uns eigentlich bereits mitten in der Blattzeit befanden, es lag wohl am Wetter. Am Abend dann aber war alles ganz anders und wir konnten uns vor Action kaum retten. Eine Ricke reagierte auf unser Blatten und verhoffte auf 350 Meter. Ihr folgte ein braver Bock, der bis auf 30 Meter herankam. Drei starke Rehböcke in nur drei Tagen auf der Blattjagd in Frankreich– was will man mehr?

Das französische Rehbock-Virus

Nachdem wir den ersten Teil der Reise unter eigener Regie durchgeführt hatten, nahmen wir die Straße nach Lauzerte, einer Legende nach durch Napoleons Daumen entstanden. Dieser soll seine Hand auf die Landkarte gelegt und seinen Daumen umrissen haben, um ein neues Departement zu begrenzen. Lauzerte ist eine von drei Städten in Tarn-et-Garonne, die als die schönsten Städtchen Frankreichs bekannt sind. Hier arbeitet Eric Garrigues als Jagdführer und teilt seine Leidenschaft für das Rehwild mit seinen Gästen. Schon als Jugendlicher von der Jagd begeistert, infizierte er auch seinen Freund Aimé Massol mit dem Rehbock-Virus.

© Philippe Jaeger
© Philippe Jaeger

Ein friedliches Paradies in Frankreich

Nun hießen uns die beiden Freunde mit offenen Armen willkommen und zeigten uns das 2.500 Hektar große Revier. Im Unterschied zu den Causses im Osten war die Landschaft hier mehr von menschlichen Einflüssen geprägt. Weiche Hügelketten wechselten sich mit Waldstücken, Dickungen und fetten Wiesen ab – ein friedliches Paradies für Rehwild. Eric war beschäftigt, und so blieb uns Aimé als Jagdführer auf der Bockjagd, der uns allerdings kleinlaut gestand, dass die Pirsch für ihn ein völlig neues Aufgabengebiet war. Da wir allerdings seinen Jagdverstand sofort erkennen konnten, folgten wir ihm trotzdem bereitwillig. Und schon bald sahen wir einen guten Bock, der uns aufs Blatt sprang. Durchs Echo im Tal vor uns vermutete dieser den Ursprung jedoch auf der uns gegenüberliegenden Seite und sprang dort hin ab.

Eine jagdliche Passion

Zu unserem Glück kannte Aimé die Gegend wie seine Westentasche und zeigte uns eine nette, kleine Abkürzung in seine Richtung. Wir erreichten den Grund des Tales, als die Silhouette eines Bocks hinter einem Busch unseren Blick fang. Nach kurzem Rufen stand zu unserer Überraschung eine Ricke, gefolgt von zwei Kitzen, zu. Die Ricke bekam auf 20 Meter jedoch Wind und quittierte unsere Anwesenheit mit lautem Schrecken. Kurze Zeit darauf erschien der Bock vor uns auf der gemähten Wiese, um der Ricke zu folgen. Als er noch 150 Meter entfernt war, erschien plötzlich ein alter Bock mit ungewöhnlichem Gehörn aus einem Brennnesselgebüsch und brachte den Jüngling auf Trapp. Das Leuchtabsehen fand sein Blatt, und Nummer vier unseres kleinen Trips, auf der Blattjagd in Frankreich, lag. In Tarn-et-Garonne geht der Traum des passionierten Rehwildjägers vom Jagdurlaub zur Blattzeit mit der Familie tatsächlich in Erfüllung.

© Philippe Jaeger