Weißwedeljagd in Finnland

Nicht nur in Nordamerika kann auf Weißwedelwild gewaidwerkt werden - auch in Finnland gibt es einen gesunden Bestand.

Die Jagd auf Weißwedelwild in Finnland ist nahezu nicht existent? Mitnichten – Finnland beherbergt einen beachtlichen Bestand, der exklusiv auch von Ausländern bejagt werden kann. Für den passionierten Hirschjäger ein Muss, wie Dr. Nina Krüger erleben durfte.

Ein Kassenschlager

Als sich Walt Disney dazu entschloss, Felix Saltens Geschichte über ein Rehkitz, das seine Mutter verliert, zu verfilmen, stand er vor dem Dilemma, dass es in den USA gar kein Rehwild gab und er befürchten musste, dass sein Publikum sich deshalb mit den Figuren nicht identifizieren würde. So entschloss er sich, die Hauptdarsteller mit Weißwedelwild zu besetzen. Was ein Kassenschlager wurde, wurde zum Fluch für uns Jäger, hatten wir fortan doch den Ruf des Bambi-Mörders weg. Denn die Bejagung des Weißwedelwilds in den USA erfreut sich größter Beliebtheit, etwa sechs Millionen Stück werden jährlich erlegt. Was aber, wenn man nicht über den Großen Teich fliegen will, um auf Weißwedelwild zu jagen? Man macht sich auf den kürzeren Weg zur Jagd auf Weißwedelwild in Finnland.

US-Auswanderer

Das Weißwedelwild kam in zwei Etappen nach Finnland. Die ersten sieben Stücke erreichten das europäische Festland von Minnesota aus irgendwann in den 1930er Jahren als Geschenk ausgewanderter Finnen an ihre Heimat. Sie wurden auf dem Haarla Estate nahe Tampere angesiedelt, entkamen aber schon nach einiger Zeit in die umliegenden Wälder. Aus diesen Wäldern um Vesilahti breitete sich die Population über den ganzen Süden Finnlands aus. Zwar beherbergt nur der südliche Teil Finnlands Weißwedelwild, dennoch handelt es sich um das nördlichste Verbreitungsgebiet der Art. Obwohl hier die Winter verglichen mit denen in Nordfinnland mild sind, sind die Trughirsche zu dieser Jahreszeit auf extra angelegte Wildäcker und Fütterung angewiesen.

© Dr. Nina Krüger
© Deividas Staponkus

Interessantes Weißwedelwild

Die Tiere setzen meist zwei Kälber im Mai bis Juni. Die Brunft findet Ende Oktober bis Anfang November statt, und ältere Hirsche haben Ende Dezember bereits abgeworfen. Interessanterweise beginnt die anschließende Geweihneubildung mit deutlicher Verzögerung erst im späten Frühjahr, gefegt wird im Spätsommer. Dies macht den Weißwedelhirsch zu etwas Besonderem, setzt doch bei fast allen anderen Hirschartigen die Geweihregeneration sofort ein. Auch die Geweihform ist etwas Besonderes und die Endenzahl äußerst variabel. Mittlerweile kann die finnische Population sogar genetisch von der amerikanischen unterschieden werden. Die jährliche Strecke in Finnland liegt bei etwa 25.000 Stück. Verglichen mit der Populationsgröße in den USA ist sie gering, auch die Hirsche sind deutlich schwächer als im ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Dafür ist es ein exklusives Erlebnis, finnisches Weißwedelwild zu bejagen, denn die Jagdgelegenheiten sind rar.

Jagd auf Weißwedelwild in Finnland - Wildbret vor Trophäe

Umso spannender ist es, wenn man eine bei der Jagd auf Weißwedelwild in Finnland ergattert hat. Am besten funktioniert dies über persönliche Kontakte, beispielsweise eine Freundschaft zwischen deutschen Hegeringen und finnischen Jagdklubs. Beliebt sind Gegeneinladungen zur Schwarzwildjagd, denn Sauen sind in Finnland selten. Aber auch einige Jagdreiseanbieter haben die Jagd auf Weißwedelwild teils in Kombination mit Elchjagden im Angebot. Gejagt wird vom Ansitz aus oder auf Bewegungsjagden. Diese dürfen auf Weißwedelwild nur mit kurzläufigen Hunden wie Teckeln durchgeführt werden. Da es sich bei den Finnen traditionell um Fleischjäger handelt, die den Trophäen lange Zeit kaum Bedeutung beimaßen, ist es nichts Ungewöhnliches, wenn außer führenden Tieren alles freigegeben wird. Mittlerweile entwickelt sich jedoch ein Bewusstsein für die Bestandshege, und immer häufiger wird darum gebeten, junge Zukunftshirsche zu schonen, um sie mit einem Reifealter von sieben bis acht Jahren als starke Trophäenträger ernten zu können. Auch die Selektionsjagd gewinnt an Bedeutung, und viele Jagdklubs haben sich Hegerichtlinien überlegt, nach denen sie schwächere Hirsche, aber auch das Kahlwild zum Abschuss freigeben.

© Dr. Nina Krüger
© Stefan Maurer
© Dr. Nina Krüger
© Dr. Nina Krüger

Ansitz und Pirsch

Die Jagd auf Weißwedelwild in Finnland ist vom Ansitz und auf der Pirsch nicht unbedingt gerade leicht. Dieses Wild ist äußerst aufmerksam und reagiert auf kleinste Bewegungen mit langen Fluchten, bei denen es typischerweise den weißen Wedel alarmiert in die Höhe streckt. Es auf sichere Distanz in Anblick zu bekommen, ist hingegen keine Kunst. Die Population ist in einigen Regionen so hoch, dass man schon auf kurzen Dämmerungsfahrten mehrere Dutzend Stücke auf den Feldern und Wiesen in Anblick bekommt. Hält man jedoch mit dem Wagen an oder versucht, sich auf Schussentfernung heranzupirschen, sieht man oft schneller weiß, als einem lieb ist.

Achtung, Alttier!

Hat man sich aber auf einem ruhigen Ansitz eingerichtet, dauert es meist nicht lange, bis einem die ersten Stücke in Anblick kommen. Häufig sind dies im Oktober, wenn die Jagdzeit erst begonnen hat, Alttiere mit Kälbern, die Wildäcker oder Fütterungen aufsuchen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, häufig kommen Alttier und Kalb/Kälber zeitlich sehr verzögert.

Jagd auf Weißwedelwild in Finnland - Pokerjagd

Auf der Jagd auf Weißwedelwild in Finnland, zu der wir vom Munitionshersteller Lapua eingeladen waren, war pro Schütze ein Stück je Ansitz freigegeben. Dabei spielte es keine Rolle, ob Kalb oder Kapitalhirsch. Wer also lieber den Spatz in Händen hält, der hätte schon in der ersten Stunde ein Kalb erlegen können. Das Pokerspiel, auf den alten Hirsch, der erst in der Dämmerung austritt, zu warten, birgt die Gefahr, als Schneider abzubaumen. Auf der Drückjagd gelten ähnliche Regeln, pro Treiben, die kaum mehr als eine halbe Stunde dauern, darf nur ein Stück beschossen werden. Beschossen werden nur ziehende Stücke, denn flüchtig springt Weißwedelwild unvorhersehbar. Hier sind die Chancen auf einen reifen Hirsch aber schon deutlich höher. Denn es werden vom frühen Morgen bis zum Nachmittag bis zu sechs Treiben durchgeführt, an deren Anschluss noch ein Ansitz in einem anderen Revierteil vor dem Dunkelwerden möglich ist.

© Dr. Nina Krüger
© Dr. Nina Krüger
© Dr. Nina Krüger