Drückjagd in der Türkei

Eine Drückjagd bei Schnee und atemberaubender Kulisse - was will der ambitionierte Schwarzwildjäger mehr?

Eine Drückjagd in der Türkei, bei Schneelage und gutem Sauenvorkommen, wünscht sich so ziemlich jeder passionierte Waidmann. Eine atemberaubende Kulisse vervollständigt das einmalige Erlebnis. Ein erfahrener Jagdvermittler weiß, warum dies kein ewiger Traum bleiben muss.

Pures Saueneldorado

Als ich das erste Mal in der Türkei auf starke Keiler gejagt habe, hatten wir in den Mondnächten immer wieder sehr große Rotten vor. Damals reifte der Gedanke, Drückjagden in diesem Saueneldorado zu organisieren. Die zu jener Zeit angebotenen Jagden waren schlecht geplant, und ich sah immensen Verbesserungsbedarf. Die in der Mittelmeer-Region angebotenen Drückjagden waren nicht das, was ich mir vorstellte: geringe Strecken und wenig Anblick. Anders die Jagden in der Schwarzmeer-Region. Sie hielten das, was ich mir unter guten und streckenreichen Drückjagden mit einem hohen Keileranteil vorstellte. Einige Jahre und zahlreiche Jagden später war es dann so weit. Ich lernte einen Veranstalter kennen, der Drückjagden gut und akribisch vorbereitete. Die Treiber wurden gut angelernt, und die Hunde wurden vor den Jagden entsprechend ausgebildet und sogar geprüft. Es konnte losgehen mit den wilden und erlebnisreichen Drückjagden in den atemberaubenden Landschaften der Türkei.

Wilde Drückjagd in der Türkei

Natürlich kann man eine solche Jagd nicht mit einer generalstabsmäßig geplanten Jagd in den Revieren Ungarns und Polens vergleichen. Denn eine Drückjagd in der Türkei ist eine „wilde Jagd“. Wild deshalb, weil die Umgebung wie in einem Karl May-Film aussieht. Karstige Landschaften mit spärlichem Bewuchs wechseln sich mit niedrigen Eichenwaldungen ab. Schöner und eindrucksvoller geht es nicht. Weite Ausblicke und atemberaubende Gegenden bilden das Ambiente dieser Jagd. Hinzu kommen die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Bevölkerung. In den ländlich geprägten Gebieten sind die Menschen froh über jeden Schwarzkittel, der erlegt wird. Die Schäden an der Landwirtschaft werden nicht ersetzt, und das Wenige, was die Leute dort angebaut haben, wird oftmals in einer Nacht von den Sauen verwüstet.

Weitläufige Treiben

Auf der Drückjagd in der Türkei werden weitläufige Treiben sehr locker abgestellt. Das bedeutet, der nächste Schütze kann einen Kilometer weiter weg an einem starken Wechsel stehen. Jedoch sind die Stände durch die gute Ortskenntnis der Organisatoren so gewählt, dass die Schützen meist einen herrlichen Blick in die offene Landschaft haben. Oftmals sieht man die Rotten bereits auf weite Entfernung anwechseln, was natürlich des Jägers Adrenalin in den Adern zirkulieren lässt. Die Stände sind meist so angelegt, dass die Schützen die Chance haben, die Sauen gezielt im Gegenhang zu beschießen.

© Pauline v. Hardenberg

Starke Keiler

Von Dezember bis Februar ziehen die Keiler mit den Rotten. Es ist ein Leichtes, einen der kapitalen Bassen mit oft über 200 Kilogramm nun in den großen Rotten anzusprechen. Natürlich lebt eine solche Jagd nicht nur von erlegten Keilern, sondern auch von einer guten Gesamtstrecke. Also wird man nicht nur auf Keiler warten, sondern auch die anderen Sauen scharf bejagen. Oftmals kommen Rotten mit weit über 30 Sauen vor. Da heißt es, ruhig Blut zu bewahren und die Situation entsprechend gut zu nutzen. Schützen, die auf den Fern- und Rückwechseln stehen, haben zudem die Aufgabe, aus den Treiben auswechselnde Rotten zum Umdrehen zu bewegen.

Gute Chancen

Das ist nicht so einfach, gelingt jedoch auf der Drückjagd in der Türkei, wenn man beherzt und überlegt agiert. Wer einmal gesehen hat, wie eine Rotte mit über 50 Sauen durch den verschneiten Gegenhang anwechselt, wird diesen Anblick sicher niemals wieder vergessen. Wenn man dann noch einen kapitalen Keiler in der Rotte ausmacht und diesen erlegen kann, können einem die Emotionen schon mal durchgehen. Und die Chancen dafür sind gut. Wichtig ist, die Gelegenheiten entsprechend zu nutzen und überlegt auch auf weitere Entfernungen zu schießen. Es hilft keinem, wenn eine Großrotte das Treiben unbeschossen verlässt – weder den Teilnehmern noch den hiesigen Bauern. Der Erfolg einer solchen Drückjagd hängt maßgeblich von den Schießfertigkeiten der Jäger ab. Das Wetter ist ein weiterer Aspekt. Im Januar und Februar kann es herrliche, sonnenreiche Tage geben, es kann aber heftig schneien. Letzteres verleiht der Jagd zum einen einen besonderen Reiz, zum anderen führt es jedoch dazu, dass bestimmte Treiben nur schwer mit den Fahrzeugen zu erreichen sind. Etwas Neuschnee ist natürlich das Optimale für die Saujagd.

© Silvio Heidler

Nötige Fitness auf der Drückjagd in der Türkei

Die Fitness der Jäger spielt bei der Standbesetzung eine maßgebliche Rolle. Das muss jedoch kein Nachteil sein. Sauen können, wie die Erfahrung zeigt, jederzeit und überall auf der Drückjagd in der Türkei kommen. Hierzu eine typische Jagdsituation: Im Februar diesen Jahres bezog ich extra einen Stand, auf dem die Chancen schlecht zu sein schienen – eine Fehleinschätzung. Vor mir befand sich ein sehr hoher Hügel, der fast vollkommen kahl war und 250 Meter freie Sicht bot. Gerade hatte ich es mir auf meinem Ansitzstühlchen bequem gemacht, als plötzlich – keine 60 Meter links neben mir – ein mordsgroßer, alter Keiler, wie aus dem Boden gewachsen, stand. Ich konnte die Situation gar nicht richtig fassen. Nach der Schrecksekunde backte ich im Sitzen an und schoss dem Bassen aufs Blatt. Der blieb dort, wo er stand, liegen. Danach begann ich, mächtig zu zittern.

Eine Riesenrotte

Keine fünf Minuten später wechselte mich eine sehr starke Überläuferbache an, die sich diesmal ans Protokoll hielt und mit voller Fahrt von oben in gerader Linie auf meine Position zusteuerte. Was nicht so einfach war. Denn der erste Schuss lag einen halben Meter hinter der Sau. Der Zweite traf besser, und der Dritte streckte die Sau schließlich vollends. Ein schneller Blick zu meinem Nachbarschützen, und dann schwappte plötzlich eine Riesenrotte über seine Hangkante. Ich wurde Zeuge einer Meisterleistung an Schießfertigkeit. Mein Standnachbar brachte es doch tatsächlich fertig, inklusive eines Magazinwechsels in Sekunden sechs Stück Schwarzwild aus der Rotte zu erlegen. Einfach spektakulär, und so nur in der Türkei zu erleben!

© Pauline v. Hardenberg

Erlebnisreiche Treiben

Die meisten Jäger, die eine derartige Drückjagd in der Türkei miterlebt haben, möchten die Erlebnisse nicht missen und nehmen regelmäßig wieder an diesen erlebnisreichen Treiben teil. Wo sonst kann man solch starke Keiler ohne zusätzlichen Aufpreis während einer Drückjagd erlegen? So hat sich über die Jahre eine zuverlässige Fangemeinde gebildet. Im letzten Jahr konnten wir mit einer starken Gruppe etwa 70 Sauen in vier Jagdtagen erlegen.

Wichtiges Wissen

Die Türkei ist recht preiswert und ohne Probleme von allen Flughäfen aus zu erreichen. Im Vorfeld der Jagd müssen der Reisepass und die Waffenbesitzkarte oder der Europäische Feuerwaffenpass als Kopie vorliegen. Anhand der Daten werden in der Türkei die Waffeneinfuhrdokumente und die Jagdlizenzen vorbereitet. Bei der Wahl der Waffe sollte beachtet werden, dass die Optik sowohl auf kurze als auch auf weitere Distanzen zuverlässig ist. Ein Zielfernrohr mit 2,5- bis 10fach ist absolut ausreichend. Bewährt haben sich Kaliber ab .308, .30-06, .300 und darüber. Die Wahl der Geschosse ist wichtig. Diese sollten eine gute Stoppwirkung aufweisen, ein harter Restkern sollte für Ausschuss sorgen. Da die Treiben teilweise mehrere Kilometer lang sind, arbeiten wir sowohl mit ortskundigen Treibern als auch mit gut trainierten Hunden. Gestandene Rüdemänner aus Deutschland haben schon den Hut vor der guten Arbeit der Hunde gezogen. Die Vierläufer sind das wichtigste Glied in der Kette.

Hohes Wolfsvorkommen

Was uns in Deutschland noch bevorsteht, ist auf der Drückjagd in der Türkei an der Tagesordnung: Wir haben es in den Revieren mit hohem Wolfsvorkommen zu tun. Immer mal wieder verschwinden Stöberhunde spurlos oder werden gerissen gefunden. In den Treiben kommen teilweise große Rudel oder Einzelwölfe vor. Ein herrlicher Anblick und sicherlich unvergesslich. Der Wolf ist allerdings derzeit in der Türkei noch geschützt, kann also nicht mitbejagt werden. Das Hotel, in dem die Drückjagdteilnehmer untergebracht werden, ist einfach eingerichtet, jedoch für die Zwecke gut geeignet. Es stehen Allradfahrzeuge bereit, die die Jäger in die oftmals schwer zugänglichen Regionen bringen. Pro Tag werden meist drei bis vier Triebe durchgeführt. Dies hängt von der Größe der Treiben ab und davon, ob die Hunde nach den Trieben rechtzeitig wieder da sind. Um effektiv abstellen zu können, werden mindestens acht Schützen gebraucht, besser sind zwölf bis 16 Teilnehmer.          

© Pauline v. Hardenberg