Bockjagd in Schweden

Schwedens Böcke sind bekannt für hohe Gehörngewichte. Warum hier so starke Trophäen heranwachsen, erklärt Max C. Heine.

Auf der Bockjagd in Schweden sind Kapitalböcke von 500 Gramm und mehr an der Tagesordnung. Doch warum werden sie hier so stark? Max Caspar Heine ist dieser Frage einmal nachgegangen.

Unberührte Natur in Schweden

Unter Auslandsjägern werden Jagdreisen nach Schweden immer beliebter. Dies ist nicht nur auf die unberührte Natur mit den vielen Seen zurückzuführen. Den deutschen Jäger reizt vor allem die Jagdmöglichkeit auf kapitale Rehböcke im Goldmedaillenbereich. Südschweden – da beginnen die Lichter des passionierten Bockjägers zu leuchten. Mit einer Strecke von weit mehr als 300.000 Stück Rehwild pro Jahr steht Schweden hinter Frankreich und Deutschland auf Platz drei in Europa und hat somit die osteuropäischen Länder längst überholt.

Die Lage

Doch warum werden die Böcke in Schweden so kapital? Das stärkste Rehwild findet sich in den Mischwäldern und auf den Ackerflächen in Südosten des Landes. 
Im Allgemeinen folgt die Körpermasse der Bergmannschen Regel: Sie nimmt mit steigenden Durchschnittstemperaturen von Nordost nach Südwest und vom Gebirge in die Tieflagen ab. Die beste Chance auf einen Kapitalbock besteht 
in den gut geführten Spitzenrevieren in Skåne (Schonen). Dort wird die Landschaft von landwirtschaftlichen Flächen und Wildäckern dominiert. Das Bestätigen und Bejagen der Böcke ist daher um einiges leichter als in den Waldrevieren weiter nördlich. Hinzu kommt, dass es noch gute Jagdmöglichkeiten auf den großen Klee- und Rübenschlägen im September gibt. Im Norden und Osten Schwedens beträgt das Körpergewicht des Rehwilds aufgebrochen bis 28 Kilogramm.

© Rafal Lapinski

Wichtige Faktoren

Ein wichtiger Faktor, warum das Rehwild hier derart stark wird, ist die geringe Störung durch menschliche Aktivitäten. Denn jede Flucht kostet ungemein viel Energie. Wie oben mit der Bergmannschen Regel begründet, nehmen die Wildbretgewichte auf der Bockjagd in Schweden von Süd nach Nord erheblich zu, die durchschnittliche Gehörnmasse nimmt jedoch ab. Häufig tragen die Böcke im Norden sehr hohe – bis über 30 Zentimeter Stangenlänge –, allerdings nicht sehr massige Gehörne.

Das Körpergewicht

Im Allgemeinen ergeben sich Unterschiede im Körpergewicht durch Standortgüte, Wilddichte, Jugendentwicklung, Alter, Gesundheitszustand und genetischer Veranlagung. Die Abhängigkeit von Standortfaktoren wurde von Ueckermann (1951) und Sägesser (1966) bewiesen. Die Studie von Ueckermann zeigt, dass (bei sonstiger Faktorengleichheit) mit einer Zunahme des Anteils der Feldgrenze von null auf 100 Prozent ein Anstieg des Wildbretgewichts um 2,1 Kilogramm erfolgt. Oder anders ausgedrückt: Je mehr Feldgrenzen sich in einem Revier befinden, desto höher ist das durchschnittliche Körpergewicht der Rehe auf der Bockjagd in Schweden. Den gleichen Einfluss auf die Körpermasse haben Wiesen. Der Anstieg des durchschnittlichen Körpergewichts von den ungünstigsten zu den günstigsten Verhältnissen beträgt 2,3 Kilogramm. Rehe, die auf reichen Muschelkalkböden erlegt werden, sind im Durchschnitt 3,4 Kilogramm schwerer als solche von armen Sandböden.

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Bockjagd in Schweden – das Gehörn

Hohe Körpergewichte sind eine Voraussetzung, aber keine Garantie für starke Gehörne. Die Geweihbildung des sehr umweltlabilen Rehwildes wird durch eine ganze Reihe von äußeren und inneren Faktoren beeinflusst, die in unterschiedlichster Weise zusammenwirken können, so dass sie sich einzeln schwer erfassen lassen. Stubbe (1979) beschreibt den Anteil der Faktoren wie folgt: 25 Prozent Möglichkeit der Äsungsaufnahme, 20 Prozent Wert des Zuchtmaterials (Vererbung), zwölf Prozent Ruhe im Revier, zehn Prozent Wilddichte, zehn Prozent Geschlechterverhältnis, sechs Prozent Altersklassenverteilung, sechs Prozent Gebietsgröße, vier Prozent Deckung, drei Prozent Boden, ein Prozent Sonnenstunden und drei Prozent sonstige meteorologische Faktoren. Obwohl nachweislich für die Gehörnbildung nur die während dieser Zeit aufgenommenen Stoffe verwendet werden, spielt die körperliche Verfassung des Rehwildes im Herbst und Winter eine wichtige Rolle. Je besser sie ist, umso mehr Reserven stehen dem Körper für seinen Nährstoffwechsel zur Verfügung und umso mehr Aufbaustoffe kann er während des Schiebens für die Gehörnbildung zur Verfügung stellen.

Die Kapitalen

Was das Trophäengewicht betrifft, kann man auf der Bockjagd in Schweden mit Trophäen von 350 bis 400 Gramm rechnen. Im Süden des Landes steigen die Gehörngewichte auch mal weit über die 600- Gramm-Marke. Diese Kapitalen laufen dem Bockjäger allerdings nicht jeden Tag über den Weg. Jedoch gibt es kein anderes Land, in dem mehr dieser Spitzenböcke erlegt werden. Als bestes Beispiel möge erneut die südschwedische Provinz Schonen (Skåne) dienen, die seit Jahrzehnten besonders starke Rehkronen hervorbringt, so auch den 1982 erlegten Weltspitzenbock mit 246,9 CIC-Punkten und einem Gehörngewicht von 965 Gramm. Unter den Bockjägern gilt Schweden daher zu recht als die Nummer eins.

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Die Reviere zur Bockjagd in Schweden

Gemessen an der Größe des Landstrichs ist das Vorkommen dieses hervorragenden Rehschlags auf nur verhältnismäßig wenige, aber große und vorzüglich gepflegte Eigenjagdbezirke beschränkt. Das liegt an der schwedischen Gesetzgebung, die jedem Eigentümer von Grund und Boden, gleich welcher Größe, das Jagdausübungsrecht zugesteht. Eine umfassende Hege kann somit nur auf großen Besitztümern durchgeführt werden. Die starken Bestände sind nach der fast völligen Ausrottung um die Mitte des vorigen Jahrhunderts während der letzten Jahrzehnte aus einigen wenigen Stücken herangehegt worden. Besonders in dieser Region, in Südschweden, wo nährstoffreiche Feldäsung durch speziell angelegte Wildäcker oder subventionierte Blührandstreifen zur Verfügung steht, entwickelten sich Rehwildbestände von hervorragender Güte. Andere Populationen weiter nördlich, die den Wald oder Reviere mit ärmeren Böden besiedeln, weisen dagegen eine geringere Gehörnbildung auf.

Die Jagd

Aufgrund der verstärkten Nachfrage von Jägern, hauptsächlich aus Deutschland und Österreich, haben schwedische Jagdbesitzer eine Marktlücke erkannt und gefüllt. Die meisten Anbieter dieser Jagdreisen sprechen fließend Deutsch oder zumindest Englisch. Die Bockjagd in Schweden ist unter der Führung eines erfahrenen Jägers als auch nach Einweisung in das Revier auf eigene Faust möglich. Wer in Schweden jagen möchte, muss eine Wildpflegegebühr entrichten. Diese gilt vom 1. Juli bis zum 30. Juni des darauf folgenden Jahres und beträgt derzeit 300 SEK (ca. 33 Euro). Die Gebühr kann bei der Post eingezahlt werden. Die Quittung heftet man in die Jagderlaubnis, die man bei der Jagd stets bei sich tragen muss.

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Die Formalitäten

Für die Einführung von Jagdwaffen zur Bockjagd in Schweden ist mindestens sechs Wochen vor Reiseantritt ein Antrag bei der schwedischen Polizeibehörde zu stellen. Die Kosten betragen etwa 60 Euro. Ein Europäischer Feuerwaffenpass und ein gültiger Jagdschein sind mitzuführen. In der Regel kümmern sich die entsprechenden Jagdreiseveranstalter um die Formalitäten. Wer seine Jagdreise lieber spontan antritt, kann sich auch bei vielen Veranstaltern eine Waffe leihen. Die Unterkünfte (meist ein eigenes Haus mit Sauna) und die Verkehrsanbindung sind gut.

© Rafal Lapinski