Drückjagd in Frankreich

Etwas wirklich nicht alltägliches ist eine Drückjagd auf Schwarzwild in den Weinbergen der Provence.

Unser dänische Jagdreiseredakteur hatte das außerordentliche Glück, mit auf einer Drückjagd in Frankreich zu jagen. Die hohe Schwarzwildpopulation macht den Winzern der Provence arg zu schaffen, daher haben sich die dortigen Weinbauern zu Konsortien zusammengeschlossen. Hier der Bericht über eine interessante Konsortiumsjagd in den Weinbergen Südfrankreichs.

Einige der besten Rotweine

Im Departement Drome 26 in der Provence werden einige der besten Rotweine der Welt angebaut. Berühmte Côte de Rhône-Marken wie Mazur oder Gigondas werden von den feinfühligen Gaumen der Weinkenner in aller Welt sehr geschätzt. Aber wenn man die Winzer befragt, so befindet sich eine Schlange im Paradies. Eine borstige, um genau zu sein. So wie ihre deutschen Kollegen sind auch die provenzalischen Weinbauern verärgert aufgrund der wachsenden Schar marodierender Sauen. Deshalb haben sie sich zu Konsortien zusammengeschlossen, da es ohne diese nahezu unmöglich ist, die Schwarzborstler mit Erfolg zu bejagen.

Venterol in den Voralpen

Der hier vorliegende Erfahrungsbericht stammt aus dem großen Konsortium A.C.C.E. de Venterol. Das Dorf Venterol liegt nordöstlich der etwas größeren Stadt Nyons auf gut 1.300 Metern in den Voralpen. Die Berge drumherum sind vornehmlich mit Kiefern und Eichen bewachsen. Aufgrund des steinigen Geländes ist eine Pirsch in dieser Gegend unmöglich. Das einzige Wild, welches ich in den vergangenen vier Jahren beim Spazierengehen dort jemals in Anblick bekam, war Gamswild, welches dort in übersichtlichen Beständen vorkommt. In den Morgen- und Abendstunden zieht es zum Äsen aus seinen Einständen. Nun kann man es in Anblick bekommen.

© Max Steinar

Drückjagd in Frankreich - französische Gewohnheiten

Die Sauen hingegen brauchen Druck, um ihre Einstände zu verlassen und vor die Büchsen zu kommen. Bei den Konsortiumsjagden beziehen die Schützen häufig Jahr für Jahr dieselben Stände. Zu meiner jagdlichen Premiere im Jahr 2013 nahm ich einen Stand zusammen mit dem örtlichen Bäcker Ludovic Pascal ein. Ludo, so wurde er scherzhaft genannt, und ich gehörten zu den jüngeren Jägern im Konsortium, und daher befanden sich unsere Stände – wie könnte es anders sein – ganz oben auf dem Bergplateau. So mussten wir beide also durch einen größeren Spalt klettern, der sich über eine Felswand zwischen zwei Bergrücken hinzieht. Kamen wir dann endlich an unseren Ständen an, bot sich uns ein traumhafter Blick über das Tal.

Beliebte Halbautomaten

Mit guten Chancen auf Schwarzwild konnte hier, auf der Drückjagd in Frankreich, gerechnet werden. Dort oben hatte Ludo bereits mehrfach Waidmannsheil auf Sauen gehabt. Diese schoss er allesamt mit seinem Lieblingskaliber .270 Winchester. Wie die meisten dortigen Jäger schwört auch er auf eine halbautomatische Büchse, ausgestattet mit einem gering vergrößernden Zielfernrohr, um ein möglichst großes Sehfeld zu haben. Das dort am häufigsten benutzte Büchsenkaliber ist .300 Winchester Magnum. Dieses rasante Kaliber mit seiner flachen Geschossflugbahn ist auch für die traditionelle Bergjagd gut geeignet. Jedoch lässt die dortige Vegetation kaum Schüsse jenseits der 100-Meter-Marke zu.

Französischer Anmarsch auf der Drückjagd in Frankreich

2014. Unser Ziel ist, wie schon im Jahr zuvor auf der Drückjagd in Frankreich, das Tal auf der gegenüberliegenden Seite des Plateaus. So lange es die arg strapazierte Bergstraße zulässt, fahren wir mit einem Mitsubishi Pajero den Hang hinauf. Nach etwa 1.000 Höhenmetern parken wir den Wagen und streben auf einem schmalen Pfad dem Plateau entgegen. Ludo führt unsere Truppe an, sein Vater José, zwei weitere Jäger und ich versuchen, Anschluss zu halten. Der bergerfahrene junge Bäcker stellt uns auf eine harte Probe, was das Schritthalten angeht. Wie das nun einmal so ist, wenn Männer Männer herausfordern, lässt sich natürlich niemand etwas anmerken, und so schwitzt und schimpft jeder vor sich hin und atmet still in sich hinein.

© Max Steinar

Warmes, gelbes Licht

Als erster wird José an einem mit vereinzelten Kiefern bewachsenen Feld angestellt. Aus Erfahrung wissen wir, dass hier die Sauen häufig wechseln. Auch der zweite und dritte Schütze werden nun mit gebührendem Abstand zueinander angestellt. Den nächsten Stand nimmt dann Ludo selbst ein. Mir ist der äußerste Posten zugedacht. Die Sonne steht bereits so hoch am Himmel, dass ihre Strahlen bis ins Tal reichen. Der Berg auf der anderen Seite der Schlucht ist in warmes, gelbes Licht getaucht. Mein Französisch ist zwar nicht besonders gut, aber Ludo kann mir dennoch klarmachen, dass ein Jäger mit seinem Hund auf der anderen Bergseite mit der Jagd begonnen und den Vierläufer bereits geschnallt hat. Zuvor wurde mir erklärt, dass die Hundeführer ihre Vierläufer an verschiedenen Orten des Reviers vom Stand aus schnallen, diese dann die Fährten aufnehmen und so die Sauen auf die Läufe bringen.

Französische Hatz

Aufgeregtes Hundegeläut hallt durchs Tal auf der Drückjagd in Frankreich. Wie immer, wenn solche jagdlichen Laute den Gehörgang des Jägers treffen, werden alles Sinne geschärft. Die Augen schauen vermehrt umher, und der Jäger ist aufmerksamer. Ist das Wild auf dem Weg hierher? Einsam weht der Staub die Bergkette und den Weg entlang, den wir hierher gelaufen sind. Mehrmals wird das Hundegeläut lauter und leiser. Nämlich immer dann, wenn die Hunde gerade an uns vorbeilaufen, der anderen Gebirgsseite zustreben und wieder umkehren, um erneut unsere Stände zu passieren. Ludo richtet seinen Fokus auf die Kiefern am Rande der Schlucht. Er hofft, dass dort die Borstigen auftauchen werden und er zu Schuss kommt.

Erste Schüsse

Nicht weit entfernt erschallen zwei Schüsse in schneller Folge. Fanden sie ihr Ziel? In der kommenden Stunde hören wir immer wieder das zornige „Hau-Hau“ weiterer Hunde. In der Ferne hallen immer wieder Schüsse auf der Drückjagd in Frankreich. Nun ist die Hatz vorbei. Mehr als zwei Stunden sind bis jetzt vergangen. Die beiden in schneller Folge abgegebenen Schüsse kamen von José. Er hat eine Sau erlegt. Der erste Schuss ging fehl, jedoch traf der zweite mitten ins Herz des 30 Kilogramm schweren Überläufers. José und Ludo sind ziemlich aufgeregt und immer noch voller jagdlicher Anspannung, als wir den zwei Kilometer langen Rückmarsch zum Auto antreten.

© Max Steinar
© Max Steinar

Mehr als 20 Zentimeter

Im Allgemeinen sind es nicht die großen, schweren Sauen, die in dieser Gegend erlegt werden. Nur selten liegen die Gewichte höher als 100 Kilogramm. Der schwerste, hier jemals gestreckte Keiler wog 129 Kilogramm. Auf einer von mir besuchten vergangenen Jagd wurde ein wirklich starker Keiler erlegt. Der erfolgreiche Schütze war Robert Bartrand, der ehemalige Bürgermeister von Venterol. Trotz seiner 75 Lenze ist er immer noch ein leidenschaftlicher Jäger und läuft gern mit 30 bis 40 Jahre jüngeren Landsleuten die Berge von unten nach oben, auf und ab. Dass er stets am entspanntesten die Strecke bewältigt, versteht sich hierbei von selbst. Auf mehr als 20 Zentimeter schätzte ich das Gewaff seines Keilers. Als ich den Franzosen erzählte, wie sehr eine solche Trophäe bei mir daheim geschätzt wird, waren sie sehr erstaunt und verblüfft.

Französische Gemütlichkeit

Wir treffen uns alle in einer kleinen, spartanischen, aber dennoch urgemütlich eingerichteten Jagdhütte, die an einem Berghang steht. Das Mittagessen besteht aus Brot aus Ludos Bäckerei sowie hausgemachter Wurst und großen, frischen provenzialischen Tomaten. Typisch französisch, dürfen auch Rotwein und Pastis dazu nicht fehlen. Die Beute des Tages der Drückjagd in Frankreich: drei Stück Schwarzwild. Dieses wird vorerst auf dem Boden des sich anschließenden Schuppens deponiert. Die stärkste Sau ist ein Keiler mit 56 Kilogramm.

© Max Steinar
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Erfahrene Schlachter

Nun geht es an das Zerwirken. Sechs oder sieben Mann nehmen je ein Messer in die Hand und beginnen mit dem Abschwarten. Und zwar noch vor dem Aufbrechen. Der erfahrener Schlachter Fernand Aubert mit seiner professionellen Metzgerausrüstung brich die Stücke auf und zerwirkt sie. Dazu bedient er sich einer Axt, die, wie ein Vorschlaghammer eingesetzt, sich durch gezielte Schläge den Weg durch die Sauen bahnt. Nach gut einer Stunde sind alle Stücke abgeschwartet, aufgebrochen und zerwirkt. In vollgestopften Plastiktüten hängt das zerwirkte Wildbret an den schweren Balken der Dachkonstruktion. Auf Schwarzwild heißt es heute nun: „Hahn in Ruh’!“

Französische Größen

Insgesamt besitzt die A.C.C.A. de Venterol ein 2.500 Hektar großes Jagdrevier. Das ist die größte zusammenhängende Fläche, die ein Konsortium in diesem Departement bejagt. Die örtlichen Jäger erlegen auf dieser Fläche weit über 100 Schwarzkittel pro Jahr. Im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre wurden jährlich 140 Sauen gestreckt. Jährlich werden in dem gesamten Departement Drome 26 gut 10.000 Schwarzkittel erlegt.

© Max Steinar