Biberjagd in Estland

Die Biberjagd in Estland hat in den letzten Jahren aufgrund der guten Bestandsentwicklung ein wahres Comeback erlebt.

Die nachhaltige Biberjagd in Estland ist aufgrund der raschen Populationsentwicklung im baltischen Raum problemlos möglich. Gerade bei der Biberjagd kommt der passionierte Niederwildjäger voll auf seine Kosten, denn die Jagd ist spannend und anspruchsvoll. Es wäre schade, dieses Jagdhighlight auf der Jagdreise nach Estland nicht mitzunehmen.

Spätherbstliche Nächte auf der Biberjagd in Estland

In zwei Tagen ist Vollmond, und die spätherbstlichen Nächte sind im Baltikum bereits empfindlich kalt. Ich habe mich in einer weitläufigen Moorlandschaft an einem trägen Fließgewässer eingeschoben und warte auf der Biberjagd in Estland auf „Castor fiber”, den vorwiegend nachtaktiven Biber, den wir in Deutschland „Meister Bockert” nennen. Aber noch versteckt sich der Mond hinter den nahen Baumwipfeln, und so lasse ich meinen Gedanken freien Lauf in dieser endlos erscheinenden Stille. Der „Kobras”, wie die Esten den Biber nennen, gehörte ähnlich wie Elch, Bär, Wolf und Luchs zu den Ureinwohnern des Landes, bevor er im Laufe des 19. Jahrhunderts landesweit wieder verschwand. Sein wertvoller Pelz und das als Wunderheilmittel heiß begehrte Bibergeil – ein Sekret aus der Bibergeildrüse – wurde ihm zum Verhängnis.

© Nina Krüger
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Beliebte Fastenspeise

Den Todesstoß aber versetzte ihm seine Einstufung als österliche Fastenspeise, nachdem die Kirche ihn als Wasserbewohner – den Fischen gleich – aus dem Fleischverbot ausklammerte, was man sich landesweit, von den vielen Klosterküchen über die Landbevölkerung bis hin zu den über das ganze Land verstreuten Gütern mit ihren großen Belegschaften, reichlich zunutze machte. Unglücklicherweise aber fiel die vorösterliche Fastenzeit genau in die Fortpflanzungsperiode des Bibers. So wurden schließlich durch menschliche Habgier, Unvernunft und Rücksichtslosigkeit mit diesem Raubbau biberfreie Landschaften als vollendete Tatsachen geschaffen. Erst nach einer Pause von gut hundert Jahren wurde schließlich, um dem Pelzhandel neuen Aufschwung zu geben, Mitte des vergangenen Jahrhunderts der größte Nager Europas, jetzt aus Russland stammend, im Südosten des Landes wieder ausgewildert.

Biberjagd in Estland – gelungene Wiedereinbürgerung

Die über drei Jahrzehnte streng überwachte Vollschonung der ausgewilderten Biber in einem ihnen besonders zusagenden naturbelassenen Feuchtgebiet führte schon bald zu einer so starken Vermehrung, dass auch weit über ein ihnen ursprünglich zugedachtes Biotop hinaus beträchtliche Umweltschäden nicht ausblieben. Stellenweise leitete das weiträumige Fällen von Bäumen Entwaldungsprozesse ein: Gefällte Bäume stürzten auf Stromleitungen und schnitten so ganze Landstriche von der Energieversorgung ab. Und der intensive Bau von massiven Dammanlagen sorgte vielerorts für verheerende Überflutungen großer land- und forstwirtschaftlich genutzter Gebiete. Nicht zuletzt aber gefährdeten unterhöhlte Straßen – oft unvorhersehbar – den Straßenverkehr, bis sogar beladene Lieferwagen dort einbrachen. Demzufolge wurde der Biber 1985 landesweit wieder zur Bejagung freigegeben. Insofern war die Biberjagd in Estland wieder möglich.

Nötige Bejagung

Hier hatte sich, wie auch schon in vielen anders gelagerten Fällen, die wiederholt vertretene irrige Meinung praxisfremder Jagdgegner – der Naturhaushalt regele sich auch in unserer heutigen Kulturlandschaft immer noch von selbst – als klarer Trugschluss erwiesen. Denn im Unterschied zum Biber, der auch in Ortschaften und Industriegebieten siedelt, da ihn die Nähe des Menschen kaum stört, vermeiden es seine natürlichen Feinde wie Seeadler, Bär, Wolf und Luchs, ihm dahin zu folgen. Daher wurde, ähnlich wie bei der derzeitigen Sauenschwemme, durch den ständig zunehmenden Biberbestand die Jagd bis heute auch hier zum unverzichtbaren Regulativ.

© Nina Krüger
© Pixabay
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Schmeckendes Wildbret

Dabei ist gerade der Biber ein Paradebeispiel für die nachhaltige Nutzung – von den jagdlichen Freuden ganz zu schweigen! Das delikate Wildbret eignet sich zum Räuchern ebenso, wie zu Hackfleisch, Würstchen oder zum Sonntagsbraten. Wobei man aber wissen muss, dass der im Winter erbeutete Biber kein so großer Leckerbissen ist, da die winterliche Nahrung aus Weichhölzern und Baumrinde den Geschmack, im Unterschied zur krautigen Sommernahrung, bisweilen ein wenig beeinträchtigt. Wildbretabfälle sind dagegen stets ein beliebtes Hundefutter. Das Bibergeil wird heute in der Parfümherstellung verwendet, und selbst der Aufbruch findet im Gemüseanbau als besonders geschätzter Dünger freudige Abnehmer.

Hochwertiger Balg

Nicht zuletzt aber hat der Balg des Bibers von seiner einst hoch geschätzten und fast unverwüstlichen Qualität nichts verloren, auch wenn der Pelzhandel zwischendurch dank „dunkelgrüner Politik” unerfreuliche Einbußen erlitt und somit auch die Biberjagd in Estland. Ich jedenfalls bin froh und dankbar, dass auch in dieser Mondnacht die Biberweste mich wärmend umhüllt, die ich mir aus meinen ersten vier erbeuteten Bibern von einem estnischen Kürschner anfertigen ließ.

Biberjagd in Estland – keine voreiligen Schüsse

Ein lautes Klatschen im Wasser holt mich in die Gegenwart zurück! Kam das von einer Biberkelle? Taghell beleuchtet der Mond inzwischen die Szenerie, und mittendrin habe ich plötzlich den direkt vor mir rinnenden Biber in Anblick. Ein Erlebnis, mit Sicherheit nicht weniger spannend als beim nächtlichen Sauenansitz. Aber der flach auf dem Wasser liegende Kopf, als einziges Ziel in ständiger Bewegung, verbietet den waidgerechten Schuss. Doch dann rinnt der große Nager zielstrebig ans Ufer, wo er auf dem vom frostigen ersten Reif bedeckten, hellen Gras ein deutliches Ziel bietet. Noch ist er allerdings nicht weit genug vom Wasser weg, wo er angebleit sofort unwiederbringlich untertauchen würde. Schon der gesunde Biber kann bei Gefahr bis zu 20 Minuten tauchen, wobei er seine schlitzförmigen Nasenlöcher und die Gehörgänge durch Einrollen der Ohrmuscheln schließt. Die Augen werden von einer durchsichtigen Nickhaut geschützt. Aber dann bannt ihn nach geduldigem Abwarten doch der raue Schuss aus dem Drilling auf den moorigen Boden.

© Pixabay
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Einer für die Jahresstrecke

Mein folgendes Abwarten mit entsicherter Waffe wird unterbrochen durch das freudige „Kivi kotti” (estnisch „Waidmannsheil”) meines einheimischen Jagdfreundes Ülo, der mir nach estnischem Jagdbrauch als Schützenbruch einen Wacholderzweig an den Hut steckt. Der erlegte Biber – ein pechrabenschwarzes Exemplar, vergleichbar im Seltenheitswert mit dem schwarzen Rehwild in Norddeutschland – überbietet später auf der Waage mit seinen 30 Kilogramm jeden einheimischen Rehbock. Fast demütig nehme ich dieses seltene Geschenk aus dem nächtlichen Moor in Besitz, in dessen mondscheinbeschienener Stille ich mir bisweilen fast wie ein Fremdkörper vorgekommen bin.

Estnische Verhältnisse

Der Biberbestand ist trotz intensiver Biberjagd in Estland (einem Land kleiner als Niedersachsen) inzwischen auf rund 20 000 Nager angewachsen. Mit den rückläufigen Zahlen vieler Niederwildarten und steigenden Kosten bei der Hochwildjagd wächst das Interesse an der Biberjagd deutlich. Aber natürlich möchte niemand damit den so lange vermissten „Kobras” wieder aus Estland vertreiben. Doch seine maßvolle und kontrollierte Bejagung ist bei einer sich sonst stellenweise bereits anbahnenden Landplage inzwischen längst unumgänglich geworden.

Biberjagd in Estland per Fallenjagd

Das estnische Jagdgesetz sieht bei strenger Überwachung der Schonzeit für den Biber eine Jagdzeit vom 1. August bis zum 15. April vor. Gestattet ist die Jagd mit Flinte und Büchse, wie auch die Fallenjagd. Die Fallenjagd wird einmal mit der sofort tötenden Conibear-Falle ausgeübt, deren Nachteil jedoch der mögliche Fang von Altbibern im Frühjahr sowie der versehentliche Fang des streng geschützten Fischotters ist. Bevorzugt wird daher vielfach der Lebendfang mit Fangnetzen an den Unterwasserausgängen der Biberburg. Hierbei kommen Bauhunde zum Einsatz.

Traumhaftes Jagdland Estland

Estland mit seinem vielgestaltigen Wildbestand, vom Niederwild über Schwarz- und Rotwild bis hin zu Luchs, Wolf, Bär und Elch, ist ein naturbelassenes EU-Land – nur zwei Flugstunden von Mitteleuropa entfernt –, in dem die Jagd noch als ein selbstverständlicher Teil in der gesellschaftlichen Aufgabenverteilung gesehen wird. Gerade darum ist die freundliche Baltenrepublik auch für jeden deutschen Jäger immer wieder eine Reise wert!

© Nina Krüger
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