Erste Septemberhälfte zur Rothirschjagd in Masuren. Tagsüber 26 Grad Celsius. Pessimismus bei den Hirschjägern! Doch mit dem Jagdbüro G. Kahle erlebt Falk Gebhardt im südwestlichen Masuren die Überraschung seines jungen Jägerlebens.
Riesige Waldungen
Es ist 7.30 Uhr auf der Rothirschjagd in Masuren. Mein Jagdführer Janusz, in dessen Kielwasser ich folge, verlässt das Gestell und versucht, sich geräuschlos auf einem gut begangenen Rotwildwechsel in den Busch zu schlagen. Busch bedeutet hier dicht an dicht stehende Hainbuchen, die aufgrund des ständigen Rotwildverbisses überkopfhoch und heckenartig unter den himmelhohen Kiefernüberhältern den Waldboden bedecken. Bisher herrscht – bis auf das Lärmen der Eichelhäher – Stille. Kein Wunder, denn es sind immer noch gut 20 Grad, Temperaturen, die den Hirschen in der Regel die Sprache verschlagen. Heute ist mein dritter Jagdtag in der Oberförsterei Nidzica, dem ehemaligen ostpreußischen Neidenburg. Riesige Waldungen erstrecken sich nordöstlich des Städtchens.
Ein Paradies für Rotwild
Die für Jagdgäste zur Verfügung stehende Fläche der staatlichen Oberförsterei beträgt 14.000 Hektar. Der zum größten Teil mit Kiefern bestockte Forst wird immer wieder unterbrochen von Seen und anmoorigen Schilfflächen. Ein Paradies für Rotwild, Sauen, aber auch für Wölfe. Mit mir teilen sich noch zwei weitere Jäger das Quartier, die fast zur gleichen Zeit mit ihren Jagdführern in unterschiedliche Richtungen aufgebrochen sind. Einer von ihnen hatte bereits Waidmannsheil: Im letzten Büchsenlicht erlegte er einen interessanten Abschusshirsch, einen Eissprossenzehner vom vierten Kopf.
Bisheriger Anblick
Mein Anblick auf den bisherigen vier Pirschgängen war gar nicht so übel gewesen: Am ersten Abend lief uns im Bestand eine kopfstarke Rotte Sauen fast über die Füße, als sie unter einer Eiche geschäftig nach Untermast brach. Dann noch ein Rudel Kahlwild bei ausgehendem Büchsenlicht auf einer Wiesenschlenke. Erst auf dem Heimweg begannen bei völliger Dunkelheit, ein paar Hirsche zu melden. Auf den beiden Morgenpirschen vernahmen wir jedes Mal Hirsche, aber wir kamen einfach nicht ran. Entweder war das Gelände so unzugänglich, dass wir fast im Moor versunken wären, oder das andere Mal hatte uns ein Tier aus dem offenbar weit verstreuten Rudel spitz, so dass nach seinem kurzen, tiefen Mahnen der Hirsch verstummte und sich mit dem Rudel im dichten Unterwuchs verdrückte.
Rothirschjagd in Masuren – Schwieriges Anpirschen
Und gestern Abend knörte es schon um 18.00 Uhr abgrundtief, aber recht sparsam aus einem sicher über hundert Meter breiten Schilfstreifen, der die Ufer eines Waldsees einrahmte. Wie da rankommen? Wir hockten uns bei gutem Wind in die Nähe eines Wechsels in der Hoffnung, dass das vermutete Kahlwild irgendwann einmal zur Äsung hier vorbeiwechseln und den Hirsch mitnehmen würde. Um es kurz zu machen: Der Geweihte knörte weiter aus seinem Versteck, und wir zogen uns nach Einbruch der Dunkelheit vorsichtig zurück.
Die Pirsch durchs Dichte
Janusz schlängelt sich wie ein Indianer auf dem Rotwildwechsel durch die Hainbuchen. Plötzlich zieht er die Luft tief ein und macht ein bedeutungsvolles Gesicht: Der uns ins Gesicht stehende leichte Wind trägt uns Brunftwittrung entgegen. Nur - von den Verursachern ist nicht das Geringste zu entdecken. Schritt für Schritt tasten wir uns voran. Für Janusz ist es gar nicht so einfach, sich mit dem Schießstock durchs Geäst zu winden. Nach gut 150 Metern rauscht es buchstäblich im Blätterwald vor uns. Wir erstarren. Ich male mir gerade aus, wie ich reagieren würde, wenn plötzlich auf diese hautnahe Distanz ein jagdbarer Hirsch auftauchen würde. Janusz hätte sicher nicht die Zeit, noch umständlich den dreibeinigen Schießstock aufzustellen. Ich müsste blitzschnell freihändig schießen – hoffentlich würde das gutgehen!
Alte preußische Jagen
Mit diesen Gedanken harre ich der Dinge, die da kommen würden. Und sie kommen. In einer kleinen Lücke vor uns schießt plötzlich ein Stück Kahlwild vorbei, unmittelbar hinter ihm ein größerer Körper – der Hirsch. Alles völlig stumm. Im Busch kracht es hin und her. Der Geweihte treibt das Stück. Was ist das für ein Hirsch? Wo steht das andere Kahlwild? Wo gibt es eine Blöße, auf der wir ansprechen können? Als sich der Lärm etwas entfernt hat, tasten wir uns Schritt für Schritt voran. Janusz flüstert mir zu, dass wir demnächst auf eine Schneise treffen müssten. Der Forst ist immer noch in die alten preußischen Jagen eingeteilt. In der Tat wird es vor uns lichter. Als unsere Aussicht besser wird, bleiben wir in Deckung stehen. Wir sehen ihn beide gleichzeitig – den Hirsch. Er schiebt sich neben dem Alttier aus dem Blätterverhau.
Rothirschjagd in Masuren – Zum greifen nah
Ich habe noch nicht so viel Rotwild in meinem Leben in Anblick gehabt und das Gefühl, dass sich mein gesamter Körper mit Gänsehaut überzieht. Die Spannung ist unerträglich! Janusz bleibt völlig ruhig. Zentimeterweise hebt er sein Pirschglas, und als er es vor den Augen hat, nickt er bedächtig. „Ist ungerader Zwölfender – alt genug“, zischt er durch die Lippen, wobei er gleichzeitig einen Schritt rückwärts macht und den Schießstock aufstellt. Ich versuche, hinter ihn zu gelangen, schiebe meine R 93 auf die Gabel und spanne sie. Doch der Hirsch bewegt sich zu meinem Entsetzen weiter. Bevor ich ihn im Absehen habe, hat ihn die grüne Blätterwand wieder verschluckt. Doch damit nicht genug. Der unsichtbar Gewordene stößt unerwartet einen Schrei aus, dass mir auf diese kurze Distanz das Blut in den Adern gefriert. Als ich mich wieder ein wenig entspannt habe, überkommt mich das Gefühl, als hätte ich den Hirsch schon erlegt. Es ist unbeschreiblich: ein Zustand von Spannung, Jagdfieber und Bewunderung.
Mehrfaches Rauschen
Ich entspanne meine Waffe. Flüsternd beratschlagen wir, wie es weitergehen könnte. Janusz ist der Ansicht, dass wir in der Nähe bleiben sollten. Wir verschieben uns nur ein wenig nach rechts – wegen des Windes. Immer noch ist das Gelände aufgrund der nahen Schneise offener als zu den anderen drei Seiten. Wir hocken uns hinter die massigen Stämme zweier Kiefern. Gute zehn Minuten geschieht nichts außer entferntem Rauschen und ab und zu mal einem Knörer. Dann steht plötzlich, wie hingezaubert, ein junger Achter dreißig Meter vor uns und sichert argwöhnisch nach hinten. Jetzt wieder Blätterrauschen, und ein Kalb folgt. Janusz mahnt mit erhobenem Zeigefinger zur Aufmerksamkeit. Wieder ein Krachen in der Dickung, und hin und her geht es, aber alles hinter dem Vorhang aus Hainbuchenblättern. Mir läuft der Schweiß über die Stirn, ohne dass ich einen Handschlag tue. Längst hat Janusz sich vor mich gestellt und seinen Schießstock in Stellung gebracht. Aber weitere 15 Minuten vergehen, ohne dass sich ein Fleckchen roter Decke zeigt.
Erneutes Nicken
Doch plötzlich und völlig überraschend trabt ein Stück Kahlwild auf der Rothirschjagd in Masuren an uns vorbei. Janusz zischelt: „Fertigmachen!“ Und in der Tat: Der Geweihte scheint zu folgen. Wir hören das Anstreichen der Stangen – und dann ist er da. Ein prüfender Blick, wieder ein Nicken von Janusz. Als das Blatt frei ist, lasse ich fliegen. Das 11,7-Gramm-Ge- schoss der .30-06 schlägt im starken Wild ein. Es hebt den Hirsch hoch, er steilt auf wie ein Lipizzaner, wir sich nach hinten und verschwindet auf demselben Wechsel, auf dem er gekommen ist. Obwohl ich noch nie auf einen Rothirsch gejagt habe, bin ich mir ziemlich sicher, auf dem Blatt abgekommen zu sein. Wir setzen uns erst einmal hin und rauchen einen Zigarillo. Janusz legt seinen Kopf ein wenig schräg. Was mag das bedeuten? Hat er Zweifel?
Schweiß? Fehlanzeige!
Bei der geringen Schussentfernung ist der Anschuss leicht zu finden. Wir suchen den durch den Brunftbetrieb ziemlich aufgewühlten Wald nach irgendwelchen Pirschzeichen ab. Eingriffe ja, aber nirgendwo Schweiß! Bevor wir aus der Nachbarförsterei aufwändig einen Hund holen, wollen wir noch ein paar Meter der Fluchtfährte ins Dicke folgen. Wir sind 20 Meter gekrochen, als ich einen Tropfen Schweiß finde – und bei jedem weiteren Schritt werden es mehr – heller, vielversprechender Lungenschweiß. Und nach knapp 60 Metern sehe ich aus dem Bewuchs eine Geweihstange ragen. Wir sind am Hirsch! Welche Freude! Janusz bricht von einer kleinen Fichte den Erlegerbruch und den „letzten Bissen“. Ich stehe vor meinem ersten Hirsch nach einer unglaublich aufregenden Jagd. Eine Weile des Genießens, und dann tasten sich Janusz‘ Finger die Zahnreihen des Unterkiefers entlang. Ein befriedigtes Lächeln überzieht sein Gesicht: „Mindestens zehn Jahre“, meint er trocken. Er sollte recht behalten. 24 Stunden nach dem Abkochen brachte die Trophäe sechs Kilogramm auf die Waage. Für mich war es in Sachen Rothirschjagd ein optimaler Einstand. Es wird nicht die letzte Jagd auf Rotwild im ehemaligen Ostpreußen für mich gewesen sein.
Rechenbeispiel
Die geschilderte Jagd hatte ich über das Jagdbüro Kahle (Tel. 04132-8086, E-Mail: info@jagdreise.de) gebucht, das eine hohe Anzahl erstklassiger Staatsreviere im Bereich Olsztyn (ehemals Allenstein) unter Vertrag hat. Mein Budget für diese Hirschjagd hatte ich mit 3.000 Euro veranschlagt. Ich wählte eine Pauschaljagd für 2.376 Euro.
In der Pauschale waren enthalten:
- 1 Rothirsch, Geweihgewicht 5 kg (24 Stunden nach dem Abkochen)
- 5 Übernachtungen (Vollpension, Doppelzimmer, Kategorie 1)
- Jagdführung 1:1
- Trophäenpräparation und Bleichen
- Reisesicherungsschein
- Reiseunterlagen mit Wegbeschreibung und Kartenmaterial
- Bearbeitungsgebühr
Nicht im Preis inbegriffen sind:
- Fahrtkosten (Hin- und Rückreise)
- Trinkgelder (Jagdführer, Küche)
- Fahrten im Revier (40 Euro pro Tag, werden direkt vor Ort bezahlt). Es ist möglich, den eigenen Geländewagen zu benutzen.
- Da die Trophäe meines Hirsches um ein Kilogramm schwerer war als in der Pauschale, kam zum Paketpreis noch die Preislistendifferenz zwischen fünf und sechs Kilogramm zum Paketpreis hinzu. Sie betrug 425 Euro. Der Gesamtpreis betrug damit 2.801 Euro.