Knapp fünf Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung – nun hat ein junger Büchsenmacher aus Schweinfurt sein Meisterstück abgeliefert: eine traumhafte Doppelbüchse für Afrikas Big Five. In Afrika zählt ausschließlich die Robustheit, die Präzision und besonders maßgeblich die Zuverlässigkeit.

Wehrhafte Kaffernbüffel

Nicht erst seit Hemmingway ist die großkalibrige Doppelbüchse die Waffe schlechthin für Großwildjäger, die wehrhaften Kaffernbüffeln oder Elefanten nachstellen. Aus kurzer Distanz wird geschossen, und die Kugel im zweiten Lauf ist die Lebensversicherung des Jägers. Für den Büchsenmacher Vitali G. aus Schweinfurt kam als Meisterstück nur solch eine Doppelbüchse in Frage. Die Herausforderung ist groß: Bei Jagdwaffen in Großwildkalibern treten enorme Kräfte auf, die sowohl bei der Konstruktion, als auch bei der Fertigung zu berücksichtigen sind. Zudem setzte sich der 30-Jährige das Ziel, die Doppelbüchse mit Seitenschlossen nach Holland & Holland zu fertigen. Diese sollten mit Fangstangen, Rücksprung und mit rückliegender Schlagfeder ausgestattet sein, was einen erhöhten Schwierigkeitsgrad bedeutet. Die Prüfungskommission der Handwerkskammer Münster gab ihre Zustimmung zur Fertigung der Waffe. Diese musste ohne Zukaufteile gefertigt werden – abgesehen von den Läufen.

.500/.416 Nitro Express

Zunächst musste sich der aus Russland stammende Büchsenmacher für die Doppelbüchse für Afrika für ein Kaliber entscheiden. Es sollte so gewählt werden, dass die Munition genug Leistungsreserven hat, um afrikanische Dickhäuter waidgerecht erlegen zu können. Unter vielen Großwildjägern gilt die .416 Rigby als das ideale Afrikakaliber. Die Patrone wurde jedoch für Repetierbüchsen entworfen und verfügt über keinen Rand, der bei einer Doppelbüchse aber wichtig ist. Denn die Hülsen müssen sich leicht aus den Patronenlagern entfernen lassen, um die Waffe bei Bedarf zügig nachladen zu können. Dieses Problem erkannten vor knapp zwei Jahrzehnten deutsche Büchsenmacher, die zusammen mit dem Munitionsexperten Wolfgang Romey eine Randpatrone konstruierten, die über die gleichen ballistischen Eigenschaften wie eine randlose .416 Rigby verfügt.

© Dr. FM

Doppelbüchse für Afrika – angenehmes Rückstoßverhalten

Um dies zu erreichen, wurde eine .500 Nitro Express 3 1⁄4“ auf einen .416er Durchmesser eingezogen, wobei sich aus der ursprünglich konisch zulaufenden Hülse eine Flaschenhalshülse ergab. Nach britischer Manier, bei der zuerst die Ausgangshülse genannt wird, wurde die Hülse dann auf die Kaliberbezeichnung .500/.416 Nitro Express getauft. Vorgestellt wurde das neue Kaliber 1996, von dem es inzwischen Fabrikmunition von Norma und dem Labor für Ballistik gibt. Die .500/.416 Nitro Express zeigt ein angenehmes Rückstoßverhalten. Sie schiebt zwar kräftig nach hinten, es ist aber kein kickender, durchgehender Impuls, wie man ihn von anderen .500er Kalibern kennt.

Seitenschlosse auf Englisch

Die Laufrohlinge lieferte die für Qualität bekannte Firma Heym. Sie werden gehont und danach kalt gehämmert. Dabei wird das Material verdichtet, wodurch eine widerstandsfähige und verschleißarme Oberfläche entsteht. Die Basküle stellte der Büchsenmacher aus einem Stück her, was sehr aufwändig ist und absolut präzises Arbeiten erfordert. Beim kleinsten Fertigungsfehler müsste wieder ganz von vorn begonnen werden. Als Material diente hier ein 42CrMo4-Vergütungsstahl, der sowohl über eine hohe Festigkeit als auch Zähigkeit verfügt und damit bestens für die dynamischen Belastungen der Waffe geeignet ist. Die beiden Seitenschlosse wurden aus einem C45-Stahl hergestellt, der besonders gut zu härten ist. Die Konstruktion der Schlosse mit Fangstangen stammt ursprünglich von der englischen Firma Holland & Holland, die Vitali G. dann in mühevoller Handarbeit umsetzte. Das Seitenschloss ist der direkte Nachfahre des Hahnschlosses, wobei der Hahn bei der Doppelbüchse für Afrika nur von außen nach innen verlegt wurde. Hahn, Hahnlagerung, Rast und Stange sind auf Seitenplatten montiert und im Gegensatz zu einem Kastenschloss nicht in einem Kasten gelagert.

© Dr. FM
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Genaues Arbeiten

Im Unterschied zu modernen Seitenschlossen enthalten sie auch keine Schraubfedern. Seitenschlosse nach Holland & Holland sind äußerst sichere Schlosse; Unfälle, die auf ein technisches Versagen zurückgehen, sind in der Fachliteratur unbekannt. Sie erfordern aber ein genaues Arbeiten, gerade beim Einstellen der Abzugswiderstände. Aufgrund dieser Konstruktion verzichtete der Büchsenmacher auch auf Signalstifte und Ejektoren, da der Schwierigkeitsgrad zur Herstellung der Waffe schon hoch genug war. Die Außenplatten sind noch ungraviert, da dies bei einem Meister seines Fachs mit mindestens 5000 Euro zu Buche schlagen würde.

Läufe auf dem Prüfstand

Im nächsten Arbeitsschritt erfolgte die Endbearbeitung der Heym Laufrohlinge sowie ihr Verlöten. Vor der endgültigen Feinjustierung wurden sie jedoch, wie es bei hochwertigen Jagdwaffen üblich ist, erst eingeschossen. Das Einschießen erfolgt auf die klassische Weise durch das Auf- und Neuverlöten der Läufe, wo immer wieder der Laufkeil nachjustiert wird, bis die Stellung der Läufe zueinander passt und die einzelnen Treffergruppen ineinander verschwimmen. Die Patronenlagerflächen des 61 Zentimeter langen Laufbündels wurden in mehreren Arbeitsschritten poliert. Der Vorteil: Nach einer Schussabgabe wird die Waffe gebrochen, und durch Abkippen fallen die gezündeten Hülsen dann selbstständig heraus, was bei dieser Waffe im Test auch sehr gut funktionierte. Bei den verwendeten Abzügen handelt es sich um ein Direktabzugsystem ohne Stecher. Der Abzugswiderstand beträgt beim vorderen Abzug 1600 Gramm, beim hinteren 1800 Gramm.

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Doppelbüchse für Afrika – letzte Herausforderung

Neben den in den Schlossen eingebauten Fangstangen minimiert auch dieser höhere Abzugswiderstand des hinteren Abzugs das Risiko des Doppelns und dient der zusätzlichen Sicherheit. Beim Holz für den 37 Zentimeter langen Hinterschaft legte Vitali G. besonderen Wert auf eine geradlinige Struktur, die sehr belastbar ist, um den hohen Rückstoßimpuls schadlos zu verdauen. Er wählte ein gut gemasertes Stück kaukasischen Nussbaums im Wert von 500 Euro. Der Beschuss ergab einen Streukreis von zehn Zentimeter auf 80 Meter, was die Briten als Grapefruit Accuracy bezeichnen. Da das Laufbündel noch nicht endgültig justiert war, lässt sich die Präzision weiter steigern – die letzte Herausforderung für den jungen Büchsenmacher. Dann erhält die Waffe eine Streichbrünierung und ist einsatzbereit. Sein Meisterstück in Form der Doppelbüchse für Afrika bleibt natürlich unverkäuflich.