Jagd auf Warzenkeiler in Namibia

Die afrikanischen Warzenschweine - eine ungewöhnliche, dadurch aber nicht weniger beeindruckende Wildart.

Sie sind passionierter Sauenjäger und die Jagd auf Warzenkeiler in Namibia hat Sie schon immer gereizt? Das trifft sich gut, dann kommen Sie mit auf den Schwarzen Kontinent und erleben ein wahres Sauen-Abenteuer!

Bis zu 25 Zentimeter lang

Als naturbegeisterter Junge schoss ich auf dem Flohmarkt einen krummen, dicken, vergilbten Zahn. Ich war ziemlich stolz auf meinen Schwarzwildhauer. Später kam heraus, dass es eine mickrige Warzenschweinwaffe war. Ich entsorgte das Relikt und beschloss, sobald ich groß wäre, selbst ein Schwein mit anständigem Gebiss
zu erlegen. Mein Opa las mir aus dem „Brehm“ von 1896 vor: „Die überaus hässlichen Warzenschweine sind Bewohner Afrikas, wahre Unholde von Gestalt und Wesen, die unter den Augen seltsame, bewegliche Warzen haben und ein furchterweckendes, doppeltes Hauerpaar, das bis 25 Zentimeter lang drohend aus dem Maul hervorragt.“ Toll! Schon ein paar Jahrzehnte später war ich zur Jagd auf Warzenkeiler in Namibia.

Afrikas Charakter-Schweine

Das Phacochoerus africanus ist der Punk unter den Pigs und macht praktisch alles anders, als wir es von Sus scrofa kennen. Als einziges Wildschwein bewohnt es offenes Gelände. Den Mangel an Deckung gleicht es durch eine enorme Fluchtgeschwindigkeit aus – und durch einen cleveren Trick: Bei Gefahr sucht das Schwein in einer Höhle Schutz. Hier schiebt es sich schwungvoll rückwärts ein und zeigt dem Angreifer seine messerscharfen Waffen. Eine ausgezeichnete Verteidigungsstrategie, die sogar einem Löwen oder Leoparden einen Strich durch die Speisekarte macht. Den Bau gräbt das Schwein übrigens nicht selbst. Nachdem ein Erdferkel sich abgeschuftet hat, zieht es dort als Hausbesetzer ein. Warzenschweine sind tagaktiv. In der Mittagshitze chillen sie im Schatten, die Nacht verbringen sie in einer der Höhlen ihres Reviers, oft auch im Freien unter Gebüsch.

© Ulrich Herzog

Erst Ansitz, dann Abenteuer

Meinem ersten Warzenschwein lauerte ich am Wasserloch auf, nach der vertrauten Sitzfleisch-Methode. Irgendwann erschienen zwei brave Keiler, von denen nur einer wieder die Heimreise antrat. Der Ansitz am Wasserloch bringt relativ schnellen Erfolg, denn die Grauen brauchen mindestens alle zwei Tage Wasser und lieben das Suhlen. So mancher Trophäenträger wurde vom Gartenstuhl aus an der Viehtränke erlegt. Diese Jagd stellt für mich keine Herausforderung mehr dar. Es gibt eine ungleich spannendere Alternative: die gezielte Pirsch auf starke Warzenkeiler. Dazu sind wir jetzt in unserem zünftigen Zeltcamp bei Omitara, westlich von Windhoek. Mein Freund Hagen ist einer der jüngsten Professional Hunter in Namibia und ein hervorragender Jagdführer. Meine Freundin Lee aus Hong Kong hat ein abenteuerliches Herz und will mit uns die echte afrikanische Wildnis erleben. Die Buschmänner Khao und Kris sind feine Kerle und fleißige Helfer. Sie kümmern sich ums Camp, versorgen die Trophäen und machen Biltong, das landesübliche Trockenfleisch.

Die zwei Lektionen

Am ersten Morgen der Jagd auf Warzenkeiler in Namibia sitzen wir auf dem Kamm eines langgezogenen Hügels mit herrlichem Fernblick. Die sanft gewellte Baumsavanne erstreckt sich endlos bis zu den blauen Bergen am Horizont. Ihre gelben und fahlgrünen Grasflächen sind mit Buschinseln und Kameldornbäumen durchsetzt. Ein schokoladenbraunes Hartebeest zieht seines Weges, in weiter Ferne äsen Oryx. Und die Warzis? Beim Glasen bekomme ich gleich die erste Lektion: Sie sind im Gelände fast unsichtbar. Nur der Rücken ragt aus den Gräsern. Es dauert nicht lange, da lenkt Hagen unseren Blick auf das erste Schwein. Wir verfolgen seine Bewegungen eine Zeit lang, dann gehen wir es an.

Ein kapitaler Keiler

Schweine sind unstete Fresser, und die Kunst des Jagdführers liegt darin, ihren Weg zu erahnen. Langsam pirschen wir bei gutem Wind voran. Jetzt im Juni ist das Gras noch so geschmeidig, dass wir uns fast geräuschlos bewegen. In der Nähe des vermuteten Treffpunkts erklettert Hagen behände wie ein Pavian einen Baum, um nach dem Schwein zu spähen. Und tatsächlich, keine 200 Meter seitlich wuselt eine Bache mit zwei Frischlingen durchs Gras. Noch ist Rauschzeit, deshalb wollen wir uns die Rotte unbedingt näher ansehen. Vorsichtig verringern wir die Distanz. Plötzlich schiebt sich ein kapitaler Keiler aus dem Kraut. Die blanken Waffen bilden Halbkreise. Die Entfernung passt. Während der Keiler wieder im Grünzeug verschwindet, sichert die Bache in unsere Richtung. Ich mache in Zeitlupe einen Schritt auf ein Bäumchen zu, wo ich anstreichen will. Lektion zwei folgt umgehend: Warzenschweine äugen deutlich besser als Schwarzwild. Die Bache geht sofort hochflüchtig ab, die anderen hinterher. Yippie-ya-yeah, Schweinebacke! Die aufgestellten Pürzel winken einen höhnischen Abschiedsgruß.

© Ulrich Herzog
© Ulrich Herzog

Im letzten Licht zur Jagd auf Warzenkeiler in Namibia

Auch das ist Afrika: Nachts hatten wir minus fünf Grad Celcius, und als wir wie stets im Dunkeln aufstehen, muss erstmal das Eis im Wascheimer geknackt werden. Am Feuer wärmen wir uns die Hände, trinken Kaffee, knabbern Zwieback und marschieren los zur Jagd auf Warzenkeiler in Namibia. Das muntere Zwitschern der Webervögel stimmt auf einen herrlichen Tag ein. Wir sind frisch und heiß auf Schwein. In der Savanne ist hinter jedem Busch eine Zufallsbegegnung möglich. Am Boden ebenso: Mit halbem Auge halten wir instinktiv immer nach Schlangen Ausschau. Unversehens zieht uns ein halb verborgener, grauer Wildkörper magisch an. Ran an den Speck! Ansprechen kann man ein Warzenschwein erst, wenn es das Haupt hebt. Auch Bachen tragen Hauer und zwei Warzen im Gesicht, aber die markanten Augenwarzen seitlich am Kopf haben nur die Keiler. Jetzt haben wir uns in Stellung gebracht. Mein Daumen liegt am Sicherungshebel der Win. Mag. Das Stück wirft auf – und erweist sich als Jungspund.

Im Gänsemarsch

Nach dem Lunch halten wir ausgiebig Siesta, am Nachmittag geht es dann zur Sache. Wir haben im Tal mehrere Schweine ausgemacht. Zügig dringen wir in das verheißungsvolle Grasland vor. Der rote Lößboden ist von tiefen Erdferkelbauten durchlöchert. Hagen führt mit untrüglicher Sicherheit dem „Hot Spot“ entgegen. Dort ist das Gras kurz geäst. Gegen die tiefstehende Sonne heben sich die Schweine schwarz ab. Drei größere Stücke sind zu sehen, glatt und wohlgenährt. Im Gänsemarsch ziehen wir auf die Rotte zu und stoßen schließlich auf eine fressende Bache mit Frischlingen. Da die Sonne nun eilig der Erde zustrebt und die Dämmerung nur Minuten dauert, machen wir uns auf den Heimweg zum Camp. Dann erstarrt Hagen. Gräser schwanken heftig. Schwarze Rückenborsten, grauer Rumpf. Schon küsst die Sonne den Horizont. Die Zeit läuft uns davon.

Mächtiges Gebrech

Da wirft das Warzenschwein auf und sichert zu uns herüber: Wow! Große Waffen im kantigen Kopf. Die langen, hängenden Augenwarzen verraten reifes Alter. Mein Puls geht heftig. Kaum taucht der Keiler wieder ab, gehe ich an einem Baum in Anschlag und entsichere. Die Sonne versinkt mit einem letzten Aufblitzen. Das Schwein macht ein paar Schritte, steht auf einmal frei und breit. Im Knall rast der Basse davon, beschreibt einen furiosen Halbkreis, das Haupt an der Erde. Roter Staub schleudert zum Abendhimmel empor wie ein leuchtender Schleier. Als dieser herabgesunken ist, liegt auch das Schwein still am Boden. Ein wahrer Kämpe mit einer Mähne wie eine Drahtbürste. Die Wangen sind schwarz gefärbt vom Sekret, mit dem Keiler ihr Territorium markieren. Ich bewundere den Charakterkopf in seiner bizarren Harmonie. Große Augen unter gerunzelten Brauen, der schmale, lange Nasenrücken, die enorme Gebrechpartie. Die kapitalen Waffen schimmern weiß, von Gräsern und Erde glattpoliert, nur unten am Gebrech haben sie Patina angesetzt. An den breiten Schleifflächen sind sie messerscharf. Im Camp stoßen wir mit einem Bier auf den alten Bassen an, während überm Feuer das Stew köchelt. Am Himmel funkeln Afrikas geheimnisvolle Sternbilder über unserer Jagd auf Warzenkeiler in Namibia.

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Nie den Bau betreten

Auslandsjäger dürfen in Namibia jeweils zwei Tiere einer Art erlegen. Am vorletzten Safaritag bin ich zuversichtlich, noch einen passenden Keiler vorzubekommen. Heute jagen wir am Rivier, das bedeutet Fluss auf Afrikaans. Doch zurzeit ist’s ein Trockenfluss, aber mit saftiger Fraß, viel grünem Buschwerk, Sandflächen und einladenden Suhlen. Kein Wunder, dass hier saugute Stimmung herrscht. Überall liegt Losung, auf Schritt und Tritt gähnen Höhlen. Wir pirschen oben am Uferhang entlang. Gerade passieren wir einen Bau, als dort ein halbstarker Keiler herausschießt wie der Sektkorken aus der Flasche. Ein ungläubig erschrockener Blick – schon knattert er durchs Gebüsch davon. Vor dem unterirdischen Raketenstart der Warzenschweine hatte uns Hagen gleich zu Beginn gewarnt: Nie direkt vor einen Bau treten und hineinschauen!

Ein strammer Keiler

Im Rivier können wir in den nächsten Stunden Kudus, Bärenpaviane, Weißrückengeier und Perlhühner beobachten
– und eine Menge Sauen. Eine Rotte mit zwei Bachen und ihrem Nachwuchs bricht im üppigen Flussgesträuch. Zwei gute Keiler bummeln durchs Flussbett und verschwinden. Eine Bache führt sogar vier Frischlinge – eine absolute Ausnahme, ein oder zwei sind die Regel. Von hier oben haben wir viel Anblick, aber kommen nicht in Schussnähe. Also runter ins Schweineparadies. Wir streifen, lauernd wie Leoparden, von Deckung zu Deckung, verhoffen reglos, alle Sinne hellwach. Plötzlich, vielleicht 80 Meter vor uns, taucht ein einzelnes Stück auf. Mir schießt ein Prickeln durch die Nerven. Ein schwerer, verdammt strammer Keiler mit silbergrauen Flanken und einer auffallend rötlichen Mähne. Es ist ein alter Raufer. Beide Haderer sind abgekämpft, der linke Teller hat auch schon einiges abbekommen. Ein anderer würde vielleicht auf eine größere Trophäe hoffen.

© Ulrich Herzog
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Große Geschichten

Aber Hagen kennt mich, wir nicken uns nur wortlos zu. Ich gehe schnell in sitzenden Anschlag, Ellenbogen auf den Knien, und schieße sofort. Vielleicht ein bisschen zu schnell. Der Basse flüchtet mit unheimlichem Tempo durch die Vegetation, nach 100 Metern ist er weg. Ein großer Schweißfleck auf dem Körper war deutlich zu sehen. Wir gehen zum Anschuss und konzentrieren uns auf die Nachsuche. Es sind nur kleine, rote Tropfen. Meine Unruhe wächst. Hoffentlich hat es der Keiler nicht in einen Bau geschafft! Schließlich gehe ich intuitiv in die Richtung, wo ich das Schwein zuletzt gesehen hatte. Und genau da liegt er. Die freie Pirsch auf Warzenkeiler gehört für mich zu den schönsten Abenteuern Afrikas. In der wildreichen Savanne, immer in Bewegung, immer auf Überraschungen gefasst, sind die Jagdinstinkte hellwach. Du lernst die Warzenschweine wirklich kennen. Die grünen Zelte und das kleine Lagerfeuer bieten ein herrliches Zuhause. Und du kehrst heim mit starken Trophäen und großen Geschichten.