Die Gründe für eine Jagdreise sind oft unterschiedlicher Natur und es geht nicht immer nur um die jagdliche Herausforderung. Ein erfahrener Jagdreisender zeigt auf, worum’s bei der Auslandsjagd wirklich geht.

Anstrengende Krähenpirsch im Ausland

Schon auf dem strapaziösen Fußmarsch ins Zielgebiet lassen die Späherkrähen den Jäger (die Jägerin immer mit gemeint) nicht aus den Augen. Dort in der wilden zentralasiatischen Republik Corvidistan sind die Krähen noch einen Tick intelligenter, gerissener und vorsichtiger als hierzulande. „Jagd“ beinhaltet auch, dass das bejagte Tier die Möglichkeit hat, zu entkommen. Und wer einer Corvus corone corvidistanus sp. eine Chance gibt, der hat mit Sicherheit das Nachsehen. Die Krähenpirsch in Corvidistan ist die jagdliche Herausforderung schlechthin. Würden Sie für eine zehntägige Krähenpirsch, die anstrengend, nervenaufreibend, komfortfrei und ohne jede Erfolgsgarantie ist, 5.000 Euro oder mehr bezahlen? Dafür gäbe es vielleicht schon einen prächtigen Rothirsch in Bulgarien mit allem Drum und Dran, während die Krähenpirsch im Verhältnis zu einer afrikanischen Elefantenjagd (ab ca. 10.000 Euro) noch günstig wäre.

Der königliche Elefant

Nach 44 Jahren als Ehrenpräsident des spanischen World Wide Fund For Nature (WWF) musste König Juan Carlos 2012 abtreten, weil er an einer Elefantenjagd teilgenommen hatte. Die Elefantenjagd – selbst wenn legal – sei mit diesem Amt nun einmal unvereinbar, lautete die Begründung. Brigitte Bardot brachte den empörten Zeitgeist treffend auf den Punkt: „Ihre Majestät, ich wünsche Ihnen keine zügige Genesung, wenn dies dazu führt, dass Sie Ihre mörderischen Reisen nach Afrika oder anderswohin fortsetzen, aber ich hoffe, dass dieser Sturz Ihre Gedankenwelt wieder in Ordnung bringt.“ Und vox populi im Blog einer österreichischen Tageszeitung legte nach: „Großwildjäger, so wie zum Beispiel der spanische König, der einen Elefant geschossen hat, haben eindeutig einen Gendefekt. Das heißt, sie sind zu keiner Empathie fähig und eigentlich nutzlos für die Gesellschaft, da hat jedes Tier mehr Daseinsberechtigung.“

Gründe für eine Jagdreise - die afrikanische Sicht

Lamine Sebogo, Leiter des WWF-Elefantenprogramms, gab in einem Interview mit Matthias Adler vom WWF Deutschland zum Thema Jagd und Wilderei folgendes zu bedenken: „Ich weiß von meinen Kollegen, dass dieses Thema in Europa sehr schwierig zu erklären ist: Wie man mit dem gezielten Töten einzelner Elefanten ihre Populationen schützen kann. Ich weiß, für viele besteht darin kein Unterschied zur Wilderei. Das ist nicht nur in Deutschland schwierig, sondern insgesamt eine sehr europäische Denkweise. Die Kontroverse um Juan Carlos zeigte diese Position sehr deutlich. Ungerecht war in diesem Zusammenhang allerdings die Kritik an Botswana, einem der Vorreiter für den Elefantenschutz.

© Rafal Lapinski
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Ein recht erfolgreiches Konzept

Trophy Hunting kann in der Tat ein recht erfolgreiches Konzept sein, wenn die Gemeinden unmittelbar davon profitieren. Reiche Leute bezahlen viel Geld dafür, dass sie Elefanten oder auch andere Tiere jagen dürfen. Diese Form der Jagd wird meist gut dokumentiert, beobachtet und basiert auf wissenschaftlichen Errechnungen. Dort, wo es gestattet ist, sind die Populationen in der Regel stabil, und die Abschussquoten liegen mitunter im Promillebereich. Wilderei hingegen ist das komplette Gegenteil – sie ist außer Kontrolle. Es ist unmöglich, vorherzusehen, was passiert, wie viele Tiere sterben und was mit dem Elfenbein geschieht.“

Verschiedene Motivationen

Für die Wahrnehmung von Jagdtourismus durch die Öffentlichkeit ist im Guten wie im Schlechten die Jagd in Afrika maßgebend. Was treibt diejenigen, die es sich leisten können, nach Afrika? Ein britischer Jagdreiseveranstalter beschreibt die Motivation seiner Kunden, speziell bezüglich Afrika, in drei Punkten.

1. Sammler: Trophäenjäger, die auf eine bestimmte Art in einer bestimmten Gegend jagen wollen.

2. Killer: Sie wollen einfach nur schießen, egal auf was, Hauptsache, es lebt.

3. Abenteuerhungrige: Leute, die mit Allrad und Waffe etwas erleben wollen.

Nicht unbedingt Afrika

Die Mehrheit der Afrikajäger sind Amerikaner, Briten und Deutsche, und wir unterstellen – auch mangels verlässlicher Daten –, dass die amerikanischen und deutschen Jagdtouristen in etwa von der gleichen Motivation getrieben werden wie die Briten. Es muss aber nicht unbedingt Afrika sein. Die Ferne kann auch verhältnismäßig nah sein und zum Beispiel in den ehemaligen Ostblockstaaten liegen, wohin es die meisten deutschen Jagdtouristen zieht. Dort waidwerken sie ebenfalls in erster Linie mit der Absicht, eine schöne Trophäe mit nach Hause zu nehmen (Zimmermann 2004). Jagdtourismus ist im Wesentlichen reine Trophäenjagd, was die einheimische Jagd nicht mehr ist, nicht mehr sein will oder nur noch teilweise sein kann.

Jedem seine Trophäe

Der Jagdtourismus folgt den Gesetzen der Freizeitindustrie. Freizeit ist ein Abbild der Arbeitswelt unter anderen Vorzeichen. Der Freizeitmensch steht unter Erfolgszwang. Der Druck, die Freizeit so zu erleben, wie sie in der Werbung dargestellt wird, ist gewaltig. Das Ziel scheint die Erfüllung eines normierten, berechenbaren Erlebnis- und Gefühlsklischees zu sein, in dem alles stets perfekt ist: Wo einem Traumstrand niemals die Palme fehlt, der Biker in den Sonnenuntergang radelt und der Surfer die perfekte Welle reitet, dort strahlt auch der Jäger mit der Trophäe. Was in der Arbeitswelt der Lohn ist, ist in der Freizeitwelt die Trophäe. Alle Touristen sammeln Trophäen – sei es als Souvenir oder in Form von Erlebnissen aller Art. Die klassische Badeferientrophäe zum Beispiel ist die Hautbräune, wobei die „erbeutete“ popelige Kanarienbräune nicht vergleichbar ist mit der Tiefe eines edlen, matt bronzeschimmernden Malediventeints. Nicht immer, aber häufiger als gedacht ist der gesellschaftliche Status Teil der Motivation für eine Reise. Das ist nicht nur in der Jagd so. Gründe für eine Jagdreise erschließen sich daher auch aus einer gesellschaftlichen Motivation heraus.

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Gründe für eine Jagdreise - Theorie und Praxis

Der Erfolgsdruck führt zu der Erfolgsgarantie – und die heißt in der Jagd Gatter, „canned hunting“ oder „game farm“. Denkt man dabei an überbesetzte Kleingatter, wo Schwarzwild zur Belustigung der Schützen herumgejagt wird, so hat das nur wenig mit Jagd zu tun. Hält man sich hingegen eine game farm in Afrika mit 30.000 Hektar und mehr vor Augen, so wird man erkennen, dass dort tatsächlich aufgesucht, nachgestellt und erlegt werden muss – ein Misserfolg ist trotzdem die Ausnahme. Aber auch dort, wo im Ausland auf frei lebendes Wild gejagt wird, hört oder liest man eher selten von Misserfolgen, außer natürlich in Corvidistan: Dort ist einem der Misserfolg so gut wie sicher.

Kein verkaufsförderndes Argument

Theoretisch ist es ganz einfach: Ist die Jagd waidgerecht und nachhaltig, auch im sozio-kulturellen und sozio-ökonomischen Sinn, so gibt es grundsätzlich nichts gegen den trophäenlastigen Jagdtourismus einzuwenden – weder in Afrika noch anderswo. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ein Jäger weniger Spuren hinterlässt und mehr Wert generiert als hundert Fototouristen. Praktisch ist es weniger einfach: Ist der Jagdtourist nicht in der Lage, selbst zu beurteilen, ob seine Jagd nachhaltig ist,
so muss er sich diesbezüglich auf den Reiseveranstalter verlassen. Eine Sichtung der Websites von zehn zufällig ausgewählten Jagdreiseveranstaltern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz lässt nur eine Folgerung zu: Die Nachhaltigkeit ist kein verkaufsförderndes Argument, sonst würde sie erwähnt. Was interessiert, ist der Erfolg, die Trophäe. Umgekehrt könnte man aber auch geltend machen, dass Nachhaltigkeit als selbstverständlich vorausgesetzt werde. Hm. Vertrauen ist gut, besser wäre in jedem Fall Gewissheit, egal ob in Polen oder Pakistan, in Bulgarien oder Botswana.

Das Gute liegt so nah

Ist es schon nicht einfach, die hiesige Jagd zu erklären, so ist es fast unmöglich, die Jagd auf Eisbären oder Elefanten begreiflich zu machen. Da kommt auch noch die Neidkarte ins Spiel. Die Tatsache, dass sich nur vermögende Jäger einen Eisbären oder Elefanten leisten können, spielt aber sachlich keine Rolle, denn entscheidend sind allein die Waidgerechtigkeit, die Nachhaltigkeit sowie die sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Bilanz. Viele, wenn nicht die meisten Nichtjäger betrachten es intuitiv als widersinnig, dass zum Beispiel durch das Erlegen eines Elefanten ein wertvoller Beitrag zum Natur- bzw. Artenschutz geleistet werden kann. Würde aber das Tun der Jäger Zuhause als sinnvoll gesehen, so wäre auch die Jagd auf freilebendes Wild im Ausland weniger ein Problem. Der politisch korrekt hochkochende Volkszorn über Juan Carlos und seinesgleichen hielte sich in Grenzen und würde weniger auf die normalen Jäger abfärben.

Jagdtourismus unter Generalverdacht

So aber, wie die Dinge liegen, steht der Jagdtourismus unter Generalverdacht. Weltweit düsen tatsächlich Jäger aus aller Herren Länder in der Weltgeschichte herum, getrieben von der Sehnsucht nach Abenteuer und Trophäen, wobei Hightech nicht nur beim Transport zum Einsatz kommt, sondern auch bei den Jagdwaffen und den technischen Hilfsmitteln (Hubschrauber, Wildmelder oder Kirrungen). Für einige kann es nicht effizient und schnell genug gehen. Übers Wochenende einen Büffel in Südafrika? Kein Problem: Vom Flughafen bis zur game farm sind es nur zwei Autostunden – und das wird so auch praktiziert. Irgendwo unterwegs bleibt die Jagd auf der Strecke.

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Die globalisierte Gesellschaft

Der Jagdtourismus spiegelt die Werte der Jägerschaft und der globalisierten Gesellschaft. Und es scheint so, als ob sich der reisende Jäger dem fremdverordneten und dem selbstauferlegten Erfolgsdruck vorbehaltlos beugt und damit negative Erscheinungen stützt, aber auch positive Entwicklungen fördert. Jagdtourismus kann Segen oder Fluch sein. Für den Jagdtouristen selbst gilt: Er bekommt das, was er selbst aus seiner Reise macht. Er sieht das, was er um sich herum sehen will und kann. Betrachtet man die Werbung der Anbieter, so scheint der Jagdreisende nicht allzu sehr an dem interessiert, was von der Jagd auf die Trophäe ablenken könnte.

Eine lausige Krähe

Und die Daheimgebliebenen? Der weit gereiste Jagdschriftsteller Friedrich von Gagern schrieb: „Jeder Mensch baut sich seine eigenen Gnadenaltäre. Mich hat zum Beispiel Schwarzwild nie sonderlich gereizt; der Gams nach einmaliger Kostprobe überhaupt nicht verlockt; der Hirsch nur hier und da, gewöhnlich aber bloß halb aufgeregt; der Rehbock immer wieder aufgewärmt; ich würde nie im Leben eine Giraffe, ein Zebra und nun gar einen Elefanten haben totschießen können; für eine lausige Krähe aber – würde ich wildern gehen ...“ Das vielleicht lieber nicht, aber wie wär’s mit einer Jagdreise nach Corvidistan?