Revier pachten oder eine Jagdreise buchen? Nicht selten stellt sich für uns Jäger diese Frage in Anbetracht der Kosten und sonstigen Möglichkeiten. Revierpächter und Jagdreisevermittler Nikolaus Brockmann von Globus Jagdreisen stellt das Für und Wider der beiden Jagdalternativen Pacht und Reise gegenüber.
Finanzielle Unabhängigkeit
Wenn sich einem diese Frage stellt, ist man in der Regel aus den Jungjägerstiefeln heraus, finanziell, sagen wir mal unabhängig, und so passioniert, dass einem gelegentliche Jagdeinladungen nicht genügen. Das eigene Revier ist der Traum vieler Jäger: das ganze Jahr über nach Belieben jagen zu können, ohne fragen oder bitten zu müssen. Doch bevor man den Schritt zur eigenen Jagdpacht wagt, sollte man sich über die Kosten und die Verantwortung bzw. administrativen Aufgaben im Klaren sein.
Die kalkulierten Kosten
Das Ausmaß ersterer wird oftmals unterschätzt, denn neben dem Pachtzins kommen noch etliche Nebenkosten hinzu wie Jagdsteuer, Berufsgenossenschaft, Jagdessen, Reviereinrichtungen, Kirr- und Futtermaterial, gegebenenfalls Wildschaden oder gar Jagdhütte, Geräte, Fahrzeug(e) und Berufsjäger. Ist im Revier dann alles beschickt, wollen Abschusspläne erstellt und beantragt, Hegeringversammlungen und Trophäenschauen besucht sowie in der Gemeinde bzw. mit dem Verpächter und den Landwirten die Beziehungen gepflegt werden. Spätestens mit Beginn der Jagdsaison stellt sich dann auch die Frage der Wildversorgung und -vermarktung. Je nach Größe und Wildvorkommen eines Reviers kann dies zu einem sehr komplexen Unternehmen werden und schnell Kosten im mittleren und hohen fünfstelligen Bereich bedeuten. Ist das Revier über tausend Hektar groß, muss ein Berufsjäger angestellt werden. Kommen dann noch Hochwildarten wie Rot-, Dam- oder Gamswild mit starken Trophäen vor, so ist auch ein Kostenaufwand im sechsstelligen Bereich schnell erreicht.
Revier pachten oder eine Jagdreise buchen – Kosten der Strecke
Wenn man mal davon absieht, dass es vielen einfach Freude bereitet, sich das ganze Jahr über mit einem Revier und dem ganzen Drum und Dran neben der tatsächlichen Jagdausübung zu beschäftigen, könnte man auch die Kosten auf die Strecke umlegen und pro Stück ermitteln. So mancher, der die Abschussgebühren im Ausland als zu teuer abtut, wäre erstaunt, was ihn der Rehbock, Fasan oder gar der Einser-Rothirsch im eigenen Revier tatsächlich kostet. Unter normalen Umständen sicherlich ein Mehrfaches, als hätte man nur den Abschuss gekauft bzw. die betreffende Jagd im Ausland gebucht.
Rechenbeispiel mit dem Rehwildrevier
Gehen wir bei einem 500 Hektar Rehwildrevier von einem Pachtpreis von 12 Euro pro Hektar aus, so beläuft sich der Pachtpreis inklusive 20 Prozent Jagdsteuer auf 7.200 Euro. Rechnen wir an oben genannten Nebenkosten nur 1.500 Euro hinzu, schlägt das Pachtrevier mit 8.700 Euro pro Jahr zu Buche. Bei einem angenommenen Abschuss von 20 Rehen mag dies zehn Rehböcke bedeuten. Vernachlässigen wir die Jagd auf das weibliche und vielleicht vorkommendes Schwarzwild, so kostet der Bock im eigenen Revier 720 Euro, egal wie stark. Nehmen wir ein durchschnittliches Gehörngewicht von 200 Gramm an, würde dieser Bock in Polen etwa 280 Euro und in Ungarn sogar nur etwa 170 Euro kosten.
Rechenbeispiel mit dem Rotwildrevier
Bei einem guten Rotwildrevier gleicher Größe darf man gern von Pachtkosten ab 20.000 Euro plus Nebenkosten ausgehen. Dann hat man vielleicht einen Einser und zwei geringere Hirsche frei. Dann kostet einem der Hirsch im eigenen Revier günstigstenfalls um 6.500 Euro. Ein Sieben- Kilo-Hirsch kostet in Polen etwa 2.800 Euro, ein Geringerer mit 3,5 Kilogramm Geweihgewicht 1.300 Euro, in Ungarn 2.400 Euro bzw. nur 670 Euro. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Nebenkosten sollte es daher schon für die Pachtkosten eines Niederwildreviers (mit Rehwild) möglich sein, eine Jagdreise zur Rehbockjagd im Frühjahr, einer Hirschjagd im Herbst und einer Drückjagd im Winter zu unternehmen. Für die Pachtkosten eines Hochwildreviers wären dann auch schon Jagdreisen nach Übersee möglich. Oder andersherum betrachtet: Was würde ein heimisches Pachtrevier kosten, in dem man ein Dutzend starker Rehböcke oder mehrere starke Hirsche erlegen oder vielleicht eine mehrtägige Drückjagd auf Sauen mit vier bis sechs Treiben pro Tag durchführen kann? So beantwortet sich die Frage, ob Revier pachten oder eine Jagdreise buchen, je nach Geschmack natürlich, bereits einfacher.
Mehr Möglichkeiten
Hinzu kommt, dass man bei einer Jagdreise ins Ausland in der Regel in sehr viel größeren Revieren jagt und somit auch viel mehr Möglichkeiten hat. Der Brunftplatz liegt nicht gerade beim Nachbarn, der Abschuss ist nicht schon in der Gruppe oder von der Straße erfüllt und bei Störungen kann man auf zigtausend Hektar immer ausweichen. Reviereinrichtungen, Fahrzeuge und Wildversorgung sind organisiert. Man wählt für die Jagd den besten Termin und kann sich frei von allen administrativen Dingen oder Wildschadenssorgen ganz auf die Jagd konzentrieren. Da ist der Anblick eines vom Rot- oder Schwarzwild übel zugerichteten Feldes eher ein erfreulicher Anblick, weist er doch auf gutes Wildvorkommen hin.
Neue Erfahrungen
Bei einer Bockjagd erlegt man vielleicht jeden Tag einen Bock und selektiert wohlgemerkt nur reife, gute Trophäenträger. Ist einem Diana hold, könnte man bei einer Hirschjagd sicherlich auch noch einen zweiten Geweihträger erlegen oder sich auf einen reifen Keiler versuchen, auf den die Chancen dort vermutlich sehr viel besser sind. Last not least bestehen im Ausland Jagdmöglichkeiten auf Trophäenträger, die hierzulande den meisten nicht zugänglich sind. Wer sich anstelle einer Jagdpacht für Jagdreisen entscheidet, kann im Laufe des Zeitraums einer Jagdpacht viele verschiedene Länder, Reviere, Jagden und Menschen kennenlernen.
Revier pachten oder eine Jagdreise buchen – Die Freuden
Dem Jagdpächter wiederum kann man nicht absprechen, dass ihm der über Jahre gehegte reife Bock oder Hirsch im eigenen Revier mehr bedeutet als einer aus der Fremde. Und die Möglichkeit, Gäste einzuladen, ist sicherlich auch ein nicht zu unterschätzender Aspekt, wobei dies natürlich auch zu einer Jagdreise möglich ist. Auch wenn Deutschland immer noch ein attraktives Jagdland ist, so hat die Jagd doch einen zunehmend schwereren Stand. Viele neue Gesetze und Verordnungen sind nicht gerade im Sinne der Jäger und spielen eher deren politischen Gegnern in die Hände. So darf es nicht wundern, dass sich zunehmend mehr Reviere schwerer verpachten lassen und sich viele Jäger die Frage stellen, ob nicht eine oder sogar mehrere Jagdreisen im Jahr eine echte Alternative zum eigenen Revier darstellen. Revier pachten oder eine Jagdreise buchen - ein Luxus-Problem? Sicher. Wohl dem, der die Qual der Wahl hat!