Bevor Jens Ulrik Høgh zur Timberwolfsjagd nach Kanada geflogen ist, hatte er als jagderfahrener Däne tatsächlich gedacht, dass er bereits sehr kaltes Klima erlebt hatte. Mit -36 Grad Celsius im Norden Ontarios in Kanada, wurde er schließlich eines Besseren belehrt. Der Winter in Dänemark wird sich nach dieser Erfahrung wohl nie wieder kalt anfühlen.
Beißender Frost
Ich stand nunmehr bereits mehr als zwei Stunden am Rande einer verschneiten Motorschlittenpiste, umgeben von einigen Jungbäumen, die erst kürzlich gepflanzt worden sein müssten. Der Schnee ging mir an dieser Stelle bereits bis zu den Knien. Es war schon nachmittags und die blasse Wintersonne neigte sich gemächlich in Richtung Horizont. Gleichzeitig biss sich der Frost in meinen Füßen fest und verursachte einen unglaublichen Schmerz. Diszipliniert versuchte ich, diesem mit Bewegung der Zehen entgegenzuwirken. Immerhin konnte ich sie noch fühlen, das hingegen reichte mir als Genugtuung erst einmal aus.
Unterschätzte Intelligenz auf der Timberwolfsjagd in Kanada
Die Stille in den kanadischen Winterwäldern ist hingegen überwältigend. Der einzige Laut, neben meinem rhythmischen Atmen, kam aus einem alten Funkgerät, welches die Bewegung der Wölfe im Treiben bekanntgab. In diesem Treiben befand sich ein einzelnes Stück, welches die Umgebung bereits mehrfach umkreist hat, ohne einem der Jäger Anblick zu bieten. Obwohl es im winterlichen Forst sehr leise war, konnte niemand von uns Geräusche des Wolfes wahrnehmen. Dadurch wurde mir langsam bewusst, wie intelligent dieses Raubwild wirklich ist.
Frische Fährten
Nun war es bereits Samstag und damit unser sechster und letzter Jagdtag auf der Timberwolfsjagd in Kanada. Während der vergangenen Tage hatte unsere Jagdgruppe immer wieder enge Begegnungen mit Timberwölfen, allerdings wurde nur ein Schuss abgegeben, aus welchem dann immerhin auch eine stattliche Trophäe für einen der anderen Jäger resultierte. Ich persönlich hatte bisher noch keinen Anblick, allerdings zwischen den Treiben immer wieder frische Fährten wahrgenommen. Langsam dämmerte es mir, wie schwer es wirklich war, einen Wolf zu erlegen.
Beschickte Luderplätze
Wir waren eine kleine skandinavische Reisegruppe, die vor einigen Tagen in Kapuskasing, Ontario, zur Wolfsjagd eingetroffen ist. Uns begleiteten erfahrene kanadische Jäger, welche schon oftmals in dieser Gegend auf den Wolf gewaidwerkt hatten. Die kanadischen Jäger haben bereits das ganze Jahr über Luderplätze angelegt und ständig neu beschickt. Diese Luderplätze wurden an passenden Plätzen, begrenzt durch Flüsse, und Straßen, angelegt. Die ständige Beschickung der Luderplätze war nervenaufreibend, musste doch meist verendetes Vieh über Kilometer hinweg angefahren werden, um in der Wildnis einen geeigneten Köder zu bieten. Hier reden wir über riesige Mengen, die wahrlich nicht einfach zu beschaffen sind. In einem typisch kanadischen Winter nehmen die Wölfe, Kojoten, Füchse und Raben insgesamt bis zu 100 Tonnen Luder auf. Per Motorsäge werden die Kadaver in Stücke von 30 bis 40 Kilogramm geschnitten, damit sie besser vom Wild aufgenommen werden können. Wie mir oft erzählt wurde ist Luder mit der Motorsäge zu bearbeiten mitunter kein kanadisches Vergnügen, bedingt durch den beißenden Geruch und die enorme Schleuderwirkung des zertrennten Luders. Diese Arbeit konnte nur in Vollverkleidung vollbracht werden, ansonsten sieht es für die Jagdklamotten schlecht aus.
Stattliche Strecke
Während der Jagdsaison sind jeden Tag dutzende Pick-Ups und LKW’s im Forst um die Luderplätze ständig neu zu beschicken und angenommen zu halten. Der Ablauf ist nahezu immer derselbe. Die kanadischen Jäger fahren zu den Luderplätzen und gucken ob dieser frisch angenommen wurde. Wenn ja, wird die Jägerschaft sofort versammelt und an bestimmten Ständen, mit angrenzenden Wechseln, abgestellt. Eine andere Gruppe verfolgt währenddessen die frischen Trittsiegel. Hierfür ist die Neue natürlich eine große Hilfe. In einem durchschnittlichen Winter bringt es diese kleine Jägergruppe in Ontario oft auf bis zu 50 geschossene Wölfe.
Fester Griff um die Büchse
Ryan, eine jüngerer kanadischer Jäger, verfolgt die frischen Wolfsfährten im Schnitt sechs Stunden am Tag. Heute konnte er eine eindeutige Bewegung in Richtung Westen feststellen. Dementsprechend wurden wir nun an die vielversprechendsten Wechsel gestellt, um das Gebiet möglichst flächendeckend abzustellen. Nun brannte mir die Abendsonne auf den Rücken und ich genoss den Anblick der ungezähmten kanadischen Wildnis. Aufgeregt teilte mir mein Outfitter nun mit, dass sich der Wolf genau auf meinen Stand zubewegte. Ich versuchte alle meine Sinne zu schärfen und kniete mich angespannt in den Schnee. Langsam zog ich mir nun meine Mütze über meine Ohren, um noch besser lauschen zu können. Die Wälder waren nun leiser als auf einem Friedhof und schnell waren 10 Minuten vergangen, seitdem der letzte Wolfsbericht durchs Walkie-Talkie gekrackzelt ist. Langsam festigte ich den Griff um meine Büchse und bereitete mich mental auf den ersten Anblick auf der Timberwolfsjagd in Kanada vor.
Vergeblicher Anblick
Während der nächsten Minuten erwartete ich den Wolf in jeder Sekunde. Tatsächlich tat sich allerdings absolut nichts, bis ich Ryan vor mir im Treiben erblickte. Sofort ging ich davon aus, dass sich der Wolf nur wenige Meter vor ihm im Treiben befinden muss und bereitete mich auf einen Flüchtigschuss vor. Als Ryan jedoch 40 Meter vor mir auf die offene Fläche trat, war ich verwirrt. Ich hatte den Wolf weder gesehen noch gehört und Ryan fragte mich, ebenfalls verdutzt, ob ich den Wolf denn gar nicht wahrgenommen hätte. Langsam bewegte ich mich in seine Richtung und vernahm nun die frischen Fährten in einem Graben, nahezu direkt unter mir.
Intelligentes Wild
Dieses Erlebnis verdrängte nun all meine anfängliche Skepsis. Ein erwachsener, rund 60 Kilogramm schwerer Timberwolf konnte sich nahezu lautlos durch den kniehohen Schnee bewegen, ohne weiter aufzufallen. Das Wild hat einen äußerst scharfen Verstand und kann sehr schnell einordnen, wo sich mögliche Feinde befinden und diese so relativ zügig lokalisieren. Meistens nimmt der Wolf den Jäger wahr, bevor dieser den Wolf mitbekommt. So kann dieses intelligente Wild vorher einschätzen wo es sich bewegen muss, um nicht weiter aufzufallen. Unter der Büchse erscheinen sie nur äußerst selten, wenn sie unter großem Druck stehen. Sobald die Timberwölfe einen eräugen, warten sie gekonnt bis der Jäger seinen Blick in eine andere Richtung abwendet und bewegen sich erst dann.
Timberwolfsjagd in Kanada – aggressive Kälte
Ryan hatte die Nachricht des flüchtigen Wolfes sofort in den Funkverkehr gebracht und sofort heulten diverse Motoren verschiedener Motorschlitten. Umgehend wurde die Gruppe eingesammelt und auf neue Stände weiter westlich gebracht. Hier vermutete man den weiteren Wechsel des Wolfes. Ryan war bereits weiter der Fährte ins neue Treiben gefolgt und meldete nun, dass sich der Wolf langsam vor ihm bewegte. Ärgerlicherweise ging uns nun konstant das Tageslicht aus und ich konnte die Kälte fühlen, die nun durch meine Polarkleidung kroch. Obwohl ich professionell bekleidet war, ist es in Kanada nur eine Frage der Zeit, bis jemand durchgefroren ist. Die aggressive Kälte geht durch nahezu jederart Bekleidung und macht vor nichts halt. In dieser Kälte fokussiert zu bleiben, ist eine richtige Qual. Ohne es zu wollen, fängt der ganze Körper gnadenlos an zu zittern. Hoffnung versprach allerdings der Wolfsbericht, Ryan konnte die Fährte immer weiter verfolgen. Entweder der Wolf würde sich in den nächsten Momenten zeigen oder die weitere Jagd wäre aufgrund der Dunkelheit unmöglich.
Erster Anblick
Wie es auf der Jagd – egal wo – meist ist, bekommt man immer dann Anblick, wenn man es nicht erwartet. So auch auf der Timberwolfsjagd in Kanada. Wir waren nun bereits eine Woche in der kanadischen Wildnis unterwegs und keiner von uns hatte Anblick. Hiervon war ich nun die Ausnahme, denn kurze Zeit nach der Umsiedlung stellt sich der Wolf rund 70 Meter vor mir auf. Verdeckt durch diverse Sträucher, konnte ich trotzdem zweifelsfrei die Schulter ansprechen und ließ fliegen, bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte. Im Schuss brach jede Menge Schnee von den umliegenden Ästen und ich konnte ausmachen, wie der Wolf relativ unbeeindruckt in Richtung des Treibens floh.
Ein schlechter und ein guter Schuss
Umgehend machte sich der Outfitter auf zu meinem Stand und analysierte den Anschuss. Er verfolgte die Fährten weitere 100 Meter in den Busch, nur um mir zu bestätigen, dass ich vorbeigeschossen haben muss. Urplötzlich wurde unser Gespräch jedoch durch einen weiteren Schuss unterbrochen. Schlussendlich kam heraus, dass Knud, ein weiterer mitgereister Jäger, den Wolf mit einem guten Schuss strecken konnte. Zur Freude für uns alle packten wir die Sachen und machten uns auf zum glücklichen Erleger. Die Timberwolfsjagd in Kanada ist zweifelllos nicht an Spannung zu überbieten und ist infolgedessen eine Freude für jeden Jagdreisenden.