Jagd auf Wölfe

Eine Wolfsjagd - egal wo auf diesem Planeten - ist immer spannend und nervenaufreibend.

Die Jagd auf Wölfe – egal ob in Osteuropa, Nordamerika oder bald in heimatlichen Revieren –, ist die Krone der Raubwildjagd. So auch für einen jagderfahrenen Schweden, der in Weißrussland, Kanada und seiner Heimat auf sie geriegelt, gelappt, geludert, gereizt hat.

Weltweite Wolfsjagd

Die Jagd auf Wölfe ist faszinierend. Ich habe Wölfe bereits in Schweden, Kanada und Weißrussland bejagen dürfen. Allerdings anfänglich mit eher mäßigem Erfolg. Ich hatte zwar den einen oder anderen in Anblick, hatte aber vorerst nie die Chance, zu Schuss zu kommen. Dann probierte ich es mit dem Ansitz am Luder. Am ersten Tag dasselbe Resultat wie gehabt. Es war fürchterlich kalt, als ich am zweiten Tag den Köder bewachte. Aber während der kommenden Stunden sollte es mir merklich wärmer werden.

Intelligente Wölfe

Es war Ende März. Nachdem ich den Propan-Wärmer entzündete, hatte ich im Grunde nichts weiter zu tun als zu warten, zu warten und zu warten. Nach ein paar Minuten erstarrte ich vor Schreck. Allerdings war es nur ein Eichhörnchen, das über das Kanzeldach rannte. Als es langsam zu dämmern begann, wurde die Ruhe durch das familiäre Krächzen der Raben an meinem Köder unterbrochen. Das Luder war ein Elch, der durch einen Verkehrsunfall getötet wurde. Er lag etwa 230 Meter vor meinem getarnten Stand. Mein Jagdführer wollte den Köder nicht näher dran haben, weil Wölfe fremden Geräuschen gegenüber unheimlich skeptisch sind. Sie lassen sich diesbezüglich nicht mit einem Fuchs oder Rotwild vergleichen. Auch wenn der Köder so weit wie in unserem Fall entfernt weg liegt, muss man sehr vorsichtig sein und stets den Wind beachten. Der Tarnansitz stand versteckt im Fichtenholz am Uferbereich eines Sees, und ich hatte zehn Tage Zeit für die Jagd. Sofern wir guten Wind behielten und uns extrem leise verhielten, hätten wir die Chance auf Wolfsanblick. Vorausgesetzt natürlich, ich würde täglich die elf Stunden im Tarnstand aushalten.

© Ulf Lindroth

Raben am Luder

Und vorausgesetzt, die Raben würden weiterhin das Luder annehmen. Denn vernehmen Wölfe Rabengekrächze, ziehen sie meist in deren Richtung in der Hoffnung, Fraß vorzufinden. Wenn also Raben anwesend waren, war ich schon mal zufrieden. Nach und nach fanden sich auch Adler am Köder ein, Wölfe hingegen nicht. Ich betrachtete den Sonnenaufgang und wie sie dann am Himmel zog. Zwischendurch beobachtete ich immer wieder die Raben am Luder. Hin und wieder las ich kurze Kapitel aus einem Buch. Zwischendurch checkte ich immer wieder den Köder. Ich sah nichts. Nichts. Nichts. Dann erschrak ich und zuckte zusammen – in mittlerer Entfernung sah ich einen schwarzen Wolf, der Richtung Köder schnürte. Mein Herz bebte, mein Puls raste. Niemand erzählte mir bisher etwas vom „Wolfsfieber“, und ich tat mein Bestes, es zu unterdrücken und ruhig zu bleiben. Am Köder verjagte der Wolf die dort anwesenden Raben. Ein paar Dinge werde ich nie vergessen: Zum einen seine Größe. Die langen Läufe ließen ihn wie ein Pferd erscheinen. Er trottete gemütlich, aber dennoch zügig. Und die Seher hatten eine Ausstrahlung, wie ich sie bei noch keinem anderen Wild je gesehen habe: intelligent und aufmerksam. Es dauerte nicht lange, bis ich die Chance nutzte.

Wölfe in Skandinavien

Zentraleuropäische Jäger werden bereits in naher Zukunft Wolfsbestände kontrollieren müssen. Die Wölfe werden eine sehr ernste Bedrohung für die Wildbestände, fürs Nutzvieh und für Jagdhunde darstellen. So ist es bereits in Skandinavien der Fall. Es wird also dazu kommen, sie bejagen zu müssen. Jedoch sehe ich den Wolf nicht als Problem. Das wäre zu kurz gedacht. Zu erst einmal ist der Wolf ein Test für den Jäger. Eine ehrliche und interessante Herausforderung.

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Beispiel Schweden

Als ich ein kleiner Junge war, wurde gesagt, es gäbe keine Wölfe in Schweden. Heute müssen sie bejagt werden. So sieht es aus. In Schweden galt der Wolf als ausgestorben. Im Südwesten wurden in den 1980er Jahren Fährten von drei Grauhunden gesichtet. Die Herkunft dieser Wölfe wird nach wie vor kontrovers diskutiert. In den 1990er Jahren hatten sich die Wölfe in West- und Zentralschweden bereits etabliert. Die Probleme wuchsen. Nutzvieh und Jagdhunde fielen ihnen zum Opfer. Und in manchen Gegenden rissen sie so viele Elche, dass die dortigen Jäger die Jagd einstellen mussten. Sogar Haushunde wurden auf den privaten Wohngrundstücken gerissen. Wolfsabschüsse waren verboten. Der Wolf hat sich prächtig und nachhaltig in Schweden ausgebreitet. Und langsam, ganz langsam verändert sich die staatliche Strategie gegenüber den Wölfen. Seit einigen Jahren ist es legal, einen auf Nutzvieh oder Hunde spezialisierten Wolf zu erlegen.

Jagd auf Wölfe – erstmals legal in Schweden

Nur wenige Wölfe wurden seitdem bei der Jagd auf Wölfe erlegt, aber die Akzeptanz für das staatliche Umdenken hat Fuß gefasst. Im Januar 2010 und 2011 gab es legale Wolfsjagden in Schweden. Jedes Jahr wurden gut 30 Grauhunde erlegt. Dies war natürlich nicht genug, um die Wolfspopulation einzudämmen, aber mehr als genug, um die Diskussion um den Wolf anzuheizen. Gruppierungen, die sich den Rechten der Tiere verschrieben haben, berichteten der Europäischen Union von den schwedischen Wolfsjagden. Die EU-Kommission drohte daraufhin, gerichtlich gegen Schweden vorzugehen, sollte die Wolfsjagd dort weiterhin möglich sein, bevor wissenschaftliche Untersuchungen dazu stattgefunden haben. So wurde die Wolfsjagd für 2012 und 2013 ausgesetzt. Mittlerweile besiedeln 500 Wölfe Schweden. Im Jahre 2013 verabschiedete die schwedische Regierung eine neue Strategie, wie mit Großraubwild künftig umgegangen werden soll. Demnach seien für Schweden 270 Wölfe ausreichend, um eine stabile Population zu gewährleisten.

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Ungenaue Erkenntnisse

Diese Zahl ist allerdings ungenau, da wissenschaftliche Untersuchungen von einer Populationsgröße von 40 Wölfen ausgehen. Während das politisch Geforderte umgesetzt wurde, hat Schweden eigene wissenschaftliche Untersuchungen vorangetrieben. Als Ergebnis wurden nun weitere Wolfsjagden angesetzt. Geschossen werden sollten maximal 30 Wölfe. Dies wird kaum Auswirkung auf die Population haben, da mit einem dreistelligen Zuwachs in diesem Jahr gerechnet wird. Jedoch wird dies ein wichtiger Test auch für die EU-Kommission sein, und es wird eventuell den Weg zu einer neuen Wolfsstrategie ebnen, um die Grauhunde in Zukunft besser bewirtschaften zu können.

Skandinavische Wölfe

Skandinavische Wölfe bilden territoriale Paare, welche jeweils ein Areal von gut 50.000 bis 100.000 Hektar bejagen. Durchschnittlich wird pro Woche ein Elch gerissen, jährlich durchschnittlich vier Welpen gewölft. Diese leben dann in einem Rudel. Nach dem ersten Lebensjahr werden die Welpen aus dem Rudel verbannt. Diese suchen dann wiederum ein eigenes Areal, welches sie bejagen können. Die häufigste Todesursache ist der Straßenverkehr, gefolgt vom Tod durch einen anderen Wolf. Auch die Wilderei ist eine bedeutende Todesursache. Der Wolf ist sehr anpassungsfähig. In Schweden wurde bereits mehrfach beobachtet, wie Wölfe selbst bei Tageslicht menschliche Siedlungen aufsuchten. Oft haben sie ihr Lager genau dort, wo sie die Menschen beobachten können, um dann gezielt Katzen, Hunde und Nutzvieh zu reißen.

Keine natürliche Scheu

Es gibt bei Wölfen keine natürliche Scheu. Sie testen – und sie lernen daraus. Wenn die Jagd auf Wölfe abgehalten wird, sieht man sie nur selten. Mehrmals wurde beobachtet, wie gejagte Wölfe ihre Jäger im Auge behalten, sie geschickt umgehen und dabei sogar noch Wild reißen. Wölfe äugen, winden und vernehmen ausgezeichnet. Absolute Ruhe und Tarnung sind unabdingbar für den Erfolg. Wolfsjagd ohne Schnee ist schwierig. Unerfahrene Grauhunde lassen sich hin und wieder anlocken, jedoch nur einmal. In Gegenden, wo Wölfe intensiv bejagt werden, lassen sie sich oft von Hunden überlaufen. Werden sie aber nicht bejagt, so verteidigen sie ihr Revier gegen jeden Hund.

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Das Riegeln

Die gängige Methode, wie man in Schweden Wölfe bejagt, funktioniert wie folgt: Revierkundige Jäger gehen bei Neuschnee mit Skiern auf Fährtensuche. Lassen die Verhältnisse es zu, so werden auch Schneemobile oder Autos eingesetzt. Der Vorteil: Damit lässt sich deutlich mehr Strecke kontrollieren. Stoßen die Kundschafter auf die Fährten eines Rudels, versuchen sie, ihren Tageseinstand zu ermitteln – etwa durch weiträumiges Umschlagen von bekannten Unterschlüpfen. Gelingt es, ein Rudel frühzeitig zu bestätigen, wird kurzfristig eine Jagd anberaumt. Ist es hierfür zu spät am Tage, so wird der Einstand am nächsten Tag erneut überprüft. Steckt das Rudel wieder, kann es nun bejagt werden. Das Revier eines Wolfsrudels erstreckt sich zwar über ein sehr großes Areal, allerdings kommt es häufig vor, dass es sich nur in einem kleinen Radius bewegt, wenn es dort genügend Beute gibt.

Jagd auf Wölfe - effiziente Jagdart

Wie gesagt, die Position des Rudels muss früh am Tag der Jagd auf Wölfe bekannt sein. Nun werden die Jäger informiert, und zwar so viele, wie
 es abzustellende Wechsel gibt. Für die Schützen, die ihre Stände beziehen, gilt: Vernehmen die Wölfe einen, so nehmen sie frühzeitig Reißaus. Das gilt es, unbedingt zu vermeiden. Also, ganz leise anstellen! Sind die Schützen auf Position, wobei nur Wechsel besetzt werden, gehen die sogenannten Tracker die frischeste Fährte aus in der Hoffnung, irgendwann die Wölfe auf die Läufe zu bringen. Sobald sich das Rudel verfolgt fühlt, trennen sie sich. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf einem der besetzten Wechsel kommen. Diese Jagdart kann sehr effizient sein. Schwierig allerdings ist es, ein Wolfsrudel genau zu bestätigen.

© Ulf Lindroth
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Das Lappen

Das Lappen setzt wie das Riegeln das Bestätigen der Wölfe voraus. Ist das der Fall, so wird das Areal, in dem die Wölfe stecken, eingelappt. Ich habe diese Jagd in Weißrussland erlebt. Dort wurde eine Lappenschnur von gut vier Kilometern Länge verwendet. Je kürzer diese ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Wölfe das Anbringen mitbekommen. Alle etwa eineinhalb Meter ist ein rotes Tuch oder dergleichen an der Schnur befestigt. Zwei Männer rollen diese von einer großen Trommel ab, ein dritter befestigt sie an Bäumen oder mitgeführten Eintretpfählen. Und zwar so, dass die roten Lappen auf Seherhöhe der Wölfe baumeln. Ruhe ist hierbei oberstes Gebot. Die Lappen können auch ein oder zwei Tage vor der geplanten Jagd angebracht werden, jedoch kann es dann passieren, dass anderes Wild hierdurch massiv beunruhigt wird. Außerdem kann dadurch bei den Wölfen eher ein Gewöhnungseffekt eintreten. Wenn die Jagd beginnt, gehen Trackers in den eingelappten Bereich. Die Schützen befinden sich auf Schrotschussentfernung zu den Lappen. Denn Wölfe neigen dazu, an diesen entlang zu flüchten, um einen Ausweg zu finden. Bei dieser Jagd können gleich mehrere Wölfe aus einem Rudel erlegt werden.

Ludern und Locken

Das Ludern konnte ich – wie bereits beschrieben – in Alberta, Kanada, bei der Jagd auf Wölfe ausprobieren. Begleitet wurde ich vom erfahrenen Wolfsjäger Gordy Classen. Wir jagten im Spätwinter. Gordy ging davon aus, dass Wolfsrudel ihr Revier innerhalb einer Woche an bestimmten Schlüsselpunkten inspizieren. Deshalb wurde ein Köder genau an solch einem Schlüsselpunkt platziert. Das Luder an sich ist es weniger, das die Wölfe anlockt. Vielmehr sind es die sich dort einfindenden Raben. Diese machen reichlich Krach, und dieser weckt das Interesse der Wölfe. Tagsüber wurde das Luder bewacht, und zwar vom Morgengrauen bis in die späte Abenddämmerung. Gute elf Stunden pro Tag. Wölfe jagen bevorzugt nachts, jedoch mit Schwerpunkt zu den frühen Morgenstunden. Danach ruhen sie ein paar Stunden lang. Währenddessen statten sie oft, durch die lärmenden Raben animiert, dem Köder einen Besuch ab.

Erfolgreich am Luder

Am zweiten Ansitztag am Luder konnte ich einen Rüden um 15.00 Uhr erlegen (siehe Einleitungstext). Tags darauf schoss ich einen weiteren Rüden um 9.00 Uhr morgens aus einem Rudel heraus. Dieses zog langsam, ein paar Wölfe trollten umher, manche legten sich nieder und drei von ihnen zogen ohne Eile in Richtung Elchluder. Irgendwann jedoch bemerkte das Rudel, dass hier am Vortrag etwas Beunruhigendes (der erlegte Rüde) passiert sein musste. Nun musste es also schnell gehen, als ein Wolf die Stelle passierte, an der tags zuvor der erlegte Wolf auf das Schneemobil verladen wurde. Ich schoss meine beiden Wölfe auf Entfernungen von 235 bzw. 330 Metern. Gordy bat mich, mich auf Distanzen von bis zu 400 Metern vorzubereiten. Er wollte das Luder nicht näher als 200 Meter vom Ansitz platzieren. Des Weiteren musste unser Unterstand bestens verblendet sein und stets guten Wind bieten.

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Das Reizen

Wölfe lassen sich wie Füchse auch reizen, und zwar mit Wolfs-Imitationsgeräuschen oder mit solchen potenzieller Beute. Mehrmals versuchte ich, Wölfe auf diese Weise anzulocken. Zuvor befragte ich Jäger, die bereits Erfahrungen bei der Reizjagd auf Wölfe hatten. Wölfe zu imitieren, ist machbar, aber alles andere als leicht. Ein kanadischer Jagdführer berichtete mir, dass es ihm gelungen sei, ein ganzen Rudel mithilfe der Nachahmung anzulocken. Die letzten Meter fing das Rudel an, Verdacht zu schöpfen. Als sein Hund, der an seiner Seite lag, anfing zu knurren und zu jaulen, nahm das Rudel Reißaus. Ein lettischer Jäger benutzte den Wolfsruf, um das Rudel am Tag vor der anberaumten Riegel- oder Lappjagd genauer lokalisieren zu können. In Schweden gibt es erfolgreiche Versuche, die Rufe mithilfe technischer Geräte nachzuahmen und so Wölfe anzulocken. Jedoch hatten die Grauhunde dies bald durchschaut und ließen sich nicht mehr hinters Licht führen.

Jagd auf Wölfe - viele Möglichkeiten

In Schweden standen mehrere Wölfe auf Raubwildlocker zu. Am erfolgreichsten waren dabei Fuchslocker. Die Wölfe kamen anfänglich recht vertraut heran, jedoch bemerkten sie dann recht schnell ihren Irrtum. Ein nordamerikanischer Jäger verriet mir, dass sich Wölfe am leichtesten reizen lassen, wenn sie niemals zuvor mit einem Ruf angelockt wurden. Bei meinen Wolfsjagden benutzte ich den Rotwild-Klagelaut sowie den Kojotenruf. Aus verschiedenen Entfernungen antworteten die Wölfe. Allerdings schienen sie jedes Mal zu wissen, dass das eine Finte ist. Einmal äugten uns – meinen Jagdführer und mich – ein paar Wölfe auf gut 400 Meter an und verschwanden alsdann wieder. Zumindest mit meinen beiden Lockervarianten scheint es also Probleme zu geben. Zwei weitere Punkte erschweren die Reizjagd: Zum einen lernen Wölfe unheimlich schnell, zum anderen ist ihre Reviergröße problematisch, da man nie weiß, ob sich Wölfe in Hörweite befinden oder nicht. Mein kanadischer Jagdführer fährt deshalb mit dem Wagen so lange durch das Revier, bis er frische Fährten entdeckt. Dann verfolgt er diese so lange, bis die Wölfe den Weg oder die Straße verlassen haben. An dieser Stelle wird dann angesessen und gereizt. Bei dieser Jagd auf Wölfe benötigt man jedoch Schnee und eine geräumte Straße.

© Ulf Lindroth